Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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waren und weit ernster an ihrer wissenschaftlich politischen Bildung arbei- 
teten, als es äusserlich in die Erscheinung tritt. Aber hier handelt es sich 
gar nicht um individuelle Begabungen, sondern um Massenerscheinungen ; 
und da steht sicherlich die politische Bildung und Begabung eines Volkes 
in Wechselwirkung. Freilich thut's die rein theoretische Buchbildung allein 
ohne die Schulung eines weiten Öffentlichen Lebeus nicht. Daran hat es in 
früheren Epochen unserer deutschen politischen Entwicklung gar sehr gefehlt. 
Heute, da weite Volkskreise durch das ausgedehnte Wahlrecht und nament- 
lich durch die Ausdehnung der Selbstverwaltung zur praktischen Bethätigung 
am Staatsleben berufen sind, ist eine erhebliche Verbreiterung der politischen 
Vorbildung, wie auch TEznEr betont, geradezu unentbehrlich. Aber selbst 
in grossen Verhältnissen steht es damit weit ärger, als der Fernstehende ahnt. 
Um so dankenswertber erscheint der von Exner gegebene Anstoss. 
Durchaus zuzustimmen ist dem Bemühen Tezxer’s, das Naturrecht gegen 
ExNErR’s einigermassen wegwerfende Behandlung in Schutz zu nehmen. Die 
neuerdings wieder mit besonderer Heftigkeit aufgenommenen Angriffe gegen 
das selige Naturrecht rennen offene Thüren ein, sofern sie sich gegen die 
naturrechtliche Staatsphilosophie als eine allgemeingiltige, objektive Wahr- 
heit richten; dagegen kann die Bedeutung jener Philosophie als geistiger Motor 
der politischen Entwicklung gar nicht hoch genug bewerthet werden. Nach 
dieser Seite hin hat die naturrechtliche Anschauung in der Geschichte der 
Ideen kaum ihres Gleichen. In einem gewissen Zusammenhange hiermit steht 
es auch, dass ExnErR, wie TEZNER richtig hervorhebt, die Einwirkung leitender 
Individuen auf den Gang der. geschichtlichen Ereignisse doch wohl unter- 
schätzt; er folgt dabei einer Richtung, die die frühere, zweifellos oberfläch- 
liche und falsche Ueberschätzung der grossen „Macher“ in der Geschichte 
durch das entgegengesetzte Extrem auszugleichen meint. Indessen ist ein 
weiteres Eingehen auf diese letzte und tiefste Frage geschichtlicher Auffas- 
sung in diesem Rahmen nicht möglich. 
Tezner’s Schrift beruht nicht nur durchweg auf ernster Denkarbeit, 
sondern sie regt auch zu solcher Denkarbeit lebhaft an, selbst wo man die An- 
sichten des Verf. nicht zu theilen vermag. Und eine bessere Wirkung kann 
kein Autor seiner Schrift wünschen. 
Wannsee bei Berlin. Dr. H. Preuss. 
Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der Deutsch- 
Oesterreichischen Erblande im Mittelalter. Mit Unter- 
stützung des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht heraus- 
gegeben von Dr. Ernst Freiherr von Schwind und Dr. Alphons 
Dopsch. Innsbruck, Verlag der Wagner’schen Universitätsbuchhand- 
lung, 1895. XX u. 47558 M. 12.—.. 
Das Buch soll zunächst für den akademischen Gebrauch in Uebungs- 
kollegien und Seminaren dienen, bietet aber über diesen nächsten Zweck
	        
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