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strafverfahrens ein. Wer dieser Frage der Gesetzgebung näher zu treten hat,
darf die objektiven Erwägungen des sachkundigen Praktikers nicht unberück-
sichtigt lassen.
Greifswald, im Oktober 1897.
Landrichter Dr. Rudolf Bewer.
„Die Kontrolle über die Gesetzgebung in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika und deren Gliedern“ von Dr. Amos 8. Her-
shey, Fellow at Harvard College, Cambridge, Mass. U.S. A. Heidel-
berg, J. Hörning, 1894. Vu. 718. M. 1.50.
Ausgehend von der Frage, welche Hemmungsmittel es gebe, um Volk
und Regierung gegen parlamentarische Uebergriffe, gegen verfassungswidrige
Handlungen der gesetzgebenden Körper zu schützen, bespricht HERsaEY die
in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und deren Gliedern eingeführten
und erprobten Hemmungsmittel der bezeichneten Art auf Grund eingehender
Kenntnis der amerikanischen Verfassungen und Zustände und der einschlägigen
Litteratur. Es muss sich hier natürlich mit einer kurzen Uebersicht des
Inhaltes der viel Interesse und Anregung bietenden Schrift begnügt werden.
Abschnitt I behandelt diejenigen Hemmungsmittel der gesetzgebenden
Körper, welche der Exekutive zustehen, bezw. das Vetorecht, nach vor-
gängigem Ueberblick über den Ursprung und die historische Entwicklung
der Vetogewalt in England und den Vereinigten Staaten. HERSHEY erachtet
das Veto des Präsidenten nicht als ein blosses Bestätigungsrecht, sondern
als Anteil an der Gesetzgebung selbst und auch als eine Kontrolle des ge-
setzgebenden Körpers.. Er weist nach, dass in der Ausübung der Vetogewalt
weder dem Präsidenten noch den Gouverneuren rechtliche Schranken gezogen
sind, und erörtert die Art der Ausübung und die politische unmittelbare und
mittelbare Wirkung der Vetogewalt in den Vereinigten Staaten.
Abschnitt II behandelt vornehmlich das richterliche Prüfungsrecht, und
zwar in höchst interessanter Darstellung dessen historischen Ursprung, Ent-
wicklung, Wirkung und rechtliche Natur. In letzterer Beziehung betont der
Verf., dass das richterliche Prüfungsrecht nicht als eine Art politischer Kon-
trolle der richterlichen über die gesetzgebende Gewalt aufzufassen sei, wie
etwa das Veto, oder gar als Anteil an der Gesetzgebung, dass vielmehr
auch der Richter unter dem Gesetz stehe und nur die Widersprüche zu
lösen habe, welche sich aus dem System von vier Graden von Gesetzen in
den Vereinigten Staaten ergeben, ferner dass die richterliche Prüfung nur
den einzelnen Fall jeweilig ohne bindende Kraft für andere Fälle entscheide
und nie das betreffende Gesetz selbst aufheben könne.
Abschnitt III behandelt die unmittelbare Teilnahme des Volkes der
Vereinigten Staaten von Nordamerika an der Gesetzgebung, bezw. das Kon-
ventions-System und das Referendum, und zwar letzteres wiederum abgeteilt