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solchen Verfabren! der „Flurbereinigung“, wie man es mit
treffendem Worte in Baden nennt, unterworfen gewesen, dass
die Frage, welche rechtliche Bedeutung die dies Verfahren ab-
schliessenden sog. Rezesse für einen späteren Civilprozess unter
den Rezessbetheiligten gewinnen, von immer grösserer praktischen
Bedeutung wird. Und zwar auch in Bezug auf die Frage —
was hier gleich vorausgeschickt werden soll —, ob der Prozess-
richter die Befugniss habe, von Amtswegen auf einen
solchen Rezess zurückzugreifen und ihn seinem Urtheile
zu Grunde zu legen, falls er Rechte der betreffenden Feld-
lage umfasst, auf der sich der Streit sozusagen abspielt.
Wie wichtig angesichts der schwierigen, zweifelhaften und
. unübersichtlichen Gesetzesvorschriften auf diesem Gebiete und
der Mühseligkeit ihrer Anwendung auf den gegebenen Streitfall?
die klare und bestimmte Regelung der einschlagenden Rechts-
verhältnisse für die Betheiligten; wie werthvoll die urkundliche
Festlegung der gegenseitigen Rechte ist, weiss jeder, der mit
solchen Dingen in der Praxis sich hat vertraut machen müssen:
die Prozesse, die auf diesem Boden so zahlreich und so üppig
emporwachsen, erfordern mit den Schaaren von Zeugen, die über
die angeblichen Ersitzungshandlungen vorgeschlagen und gehört
werden, mit der meist unumgänglichen ÖOrtsbesichtigung durch
das Gericht, mit den theueren und so häufig unzuverlässigen
Sachverständigen Unsummen Geldes und fressen in nicht
! Vgl. über dessen wirthschaftliche Seite BUCHENBERGER, Agrarwesen
und Agrarpolitik Bd. I 88 46, 47, 52ff.;, W. RoscHEr, Nationalökonomik des
Ackerbaus 8$ 77, 78; auch GLATZEL in seinem vortrefflichen Aufsatze: „Die
preussische Agrargesetzgebung, Rückblick und Ausblick“, in der Ztschr. f.
Landeskulturgesetzgebung Bd. XXXII S. 208.
? Das gilt in vielen Beziehungen auch noch nach dem Inkrafttreten des
Bürgerlichen Gesetzbuchs vermöge der das Landesrecht aufrechterhaltenden
Artt. 65 (u. A. Wasserrecht! Mühlenrecht!), 122, 124. — Zum Theil wird
ja durch grundbücherliche Eintragung ein sicheres Recht geschaffen; aber
bezüglich der öffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Lasten sind die
Rezesse die hauptsächlichsten Ausweisurkunden.