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ergänzend hinzuträte. Ich erinnere nur daran, dass doch in der
Strafprozessordnung nirgends der Bereich des Deutschen Reiches,
also die Grenzen des deutschen Gerichtszwanges festgestellt
werden, diese vielmehr dem WVölkerrechte zu entnehmen sind;
dass z. B. auch die preussische Vormundschaftsordnung, die sich
in ihrem & 102 offenbar als „kodifikatorisch* bezeichnen will,
aus einer ganzen Reihe anderer Gesetze zu ergänzen ist. Eine
Darstellung unseres Strafprozessrechts oder des preussischen Vor-
mundschaftsrechts, die das nicht berücksichtigt, wäre mithin
durchaus lückenhaft und gewährte nicht einen ihre richtige An-
wendung allein sichernden Gesammtüberblick.
Und so wird man denn auch selbst einen mittelbaren oder
unter anderen Vorschriften versteckten Anhalt in der Civilprozess-
ordnung vergeblich suchen.
Wollte man beispielsweise beim Rezesse mit den in Anm. 24
mitgetheilten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts an eine
Art von autonomer Regelung, an Gesetzesstatt, innerhalb
des genossenschaftlichen Kreises der Rezessbetheiligten denken
und ihn desshalb nach $ 265 der O.-P.-O. („Statuten“) und dem
Satze: „Jura novit curia* behandeln, so ist doch die Zulässigkeit
einer wirklich gesetzgeberischen Thätigkeit der Agrarbehörde
stark zu bezweifeln. Ein auf eine einzige Dorfgemarkung sich er-
streckendes örtliches „Schul- und Kirchenrecht“ nimmt sich in
der That gar zu wunderlich aus! Auch finden sich, wie obiges
Beispiel deutlich ergibt, in einem Rezesse keine Rechtssätze;
vielmehr werden, wie im Civilurtheil, durch seine „obrigkeitlichen
Festsetzungen“ nur Rechte, d.h. subjektive Rechte (privater
oder öffentlicher Natur) geschaffen.
Auch eine Unzulässigkeit des Rechtsweges tritt für
die rezessmässig geordneten Rechtsverhältnisse nicht ein; schon
desshalb nicht, weil sie ja, soweit Privatrechte in Betracht kommen,
wie schon in Anm. 27 bemerkt ist, der Verfügung der Parteien
keineswegs entzogen sind. Und auch soweit es sich um Geltend-