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Man beachte nunmehr folgende Fälle, die ich grösstentheils
in der Praxis erlebt habe.
Der Kläger nimmt am Grundstücke des Beklagten eine Grund-
gerechtigkeit kraft Ersitzung in Anspruch; im Laufe des Prozesses
kommt allerdings zur Sprache, dass beider Grundstücke durch’s
Verkoppelungsverfahren gegangen seien, jedoch nach Angabe
beider Theile lange vor der Ersitzungszeit. Das Gericht beschliesst
den Rezess einzuziehen; es ergibt sich dabei, dass seit seinem
Abschluss in Wahrheit eine Ersitzung noch gar nicht vollendet
sein kann.
Ein oben an einem Bache liegender Wiesenbesitzer erstreitet
gegen den unterliegenden Müller kraft unvordenklicher Verjährung
ein vorzugsweises Bewässerungsrecht, ohne dass man von Seiten
des Gerichts oder der Parteien einem diesen Bach mitbetreffenden
Verkoppelungsverfahren Beachtung geschenkt hätte. Und doch
hatten Parteien darin selbst anerkannt, dass er der politischen
Gemeinde als öffentliches Gewässer überwiesen werde, und nur
die allgemein-gesetzlichen Nutzungsrechte den Anliegern an ihn
zuständen: nicht nur die übrigen Unterlieger, sondern auch die
Wasserpolizei würden dem Kläger darnach das sauer erstrittene
Recht vereiteln können.
Ein Grundeigenthümer klagt wegen Eigenthumsstörung an
seinem Teiche, an dem der Beklagte ein Recht zum Viehtränken
beansprucht und durch einen umständlichen Ersitzungsbeweis dar-
zuthun versucht. Der Rezess ergibt, dass ihm, wie jedem anderen
Ortsbewohner, ein derartiges, aber auch auf gewisse Zeiten be-
schränktes Recht zugewiesen war. Seine Ausübungshandlungen
werden darnach nicht als privatrechtliche Erwerbshandlungen an-
zusehen sein.
Ein Anderer klagt auf Gewährung eines Nothweges; die
Einsicht des Rezesses zeigt, dass er damals genügenden Zugang
zu seinem Besitze erhalten und ihn sich nur später selbst ver-
legt hat.