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Ihrer wachsenden Bedeutung für das internationale Rechts-
leben entsprechend hat die Frage auch bereits eingehende
Bearbeitungen gefunden, so dass neue Gesichtspunkte zur
Beleuchtung derselben kaum mehr werden beigebracht werden
können.
Der Zweck der folgenden Abhandlung ist der, das vor-
handene Material zum Studium der Frage zu sammeln, um an
der Hand desselben die grundsätzlichen Anschauungen, welche
sich über dieselbe gebildet haben, kennen zu lernen und zu zeigen,
auf welchem Wege die Möglichkeit einer dem praktischen Be-
dürfnisse entsprechenden Lösung derselben zu suchen ist.
& 1. Das positive Recht.
a) Frankreich hat zuerst im Wege der Gesetzgebung seine
diplomatischen Agenten und Konsuln mit der Ausübung standes-
amtlicher Funktionen betraut, wohl von dem Bestreben geleitet,
die weitgehende Verehelichungsfreiheit, welche gegenüber dem
kirchlichen Eherechte das neue bürgerliche Gesetzbuch geschaffen
hatte, den Staatsangehörigen auch im Auslande zu sichern. Nach
Art. 48 des franz. B. G.-B. (GUILLAUME, Le mariage en droit inter-
national priv& et la conference de la Haye, p. 409, 411; E. Stoc-
QUART, Le privilege d’exterritorialit& specialement dans ses rap-
ports avec la validit& des mariages celebres & l’ambassade ou au
consulat; Revue de droit international etc. XX p. 264) können
standesamtliche Akte von Franzosen im Auslande giltig vor den
diplomatischen Agenten und Konsuln nach Massgabe der französi-
schen Gesetze vollzogen werden. Das Recht zur Vornahme von
Eheschliessungen steht hiernach allen diplomatischen Agenten
und Konsuln Frankreichs zu, gleichviel bei welchen Staaten
sis beglaubigt sind, und unmittelbar kraft Gesetzes; dagegen
bleibt das Recht auf jene Fälle beschränkt in, denen die
beiden eheschliessenden Teile Angehörige des französischen
Staates sind.