Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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Nur bei der hier vertretenen Ansicht über die Begründung 
des Rechts der Exterritorialität der Angehörigen der christlichen 
Staaten im Orient lässt sich die richtige Antwort auf die Frage 
finden, ob die Ausländer, welche nach den Gesetzen ihres Heimat- 
staates eine Ehe giltig nur vor dem Standesbeamten abschliessen 
können, im Orient bei Strafe der Nichtigkeit ihrer Ehe dieselbe 
nach Massgabe dieser Gresetze vor einem diplomatischen Agenten 
oder Konsul abschliessen müssen, ob diese Form der Ehe- 
schliessung für sie also die einzig mögliche ist. 
Bei Annnahme einer Fiktion der Exterritorialität müsste die- 
selbe bejaht werden, wie dies thatsächlich in einem Urteil des 
italienischen Konsulargerichts in Konstantinopel vom 17. März 
1870 (Journal XVI p. 29) geschehen ist. In der Litteratur wie 
in der Rechtsprechung herrscht aber gegenwärtig Ueberein- 
stimmung darüber, dass der Satz locus regit actum auch für die 
Eheschliessungen der Ausländer in den orientalischen Staaten gilt, 
und dass dieselben nicht gezwungen sind, die Gesetze ihres 
Heimatstaates über die Form der Eheschliessung zu beobachten. 
Diese Ansicht hat u. a. auch das Reichsgericht in seinem 
IV. Civilsenat in einem Urteil vom 26. Febr. 1891 (Entsch. des 
Reichsgerichts in Civilsachen Bd. XXVII 8. 100ff.) vertreten. 
Die Annahme des Gegenteils würde den Interessen der Ausländer 
im höchsten Grade zuwiderlaufen. Nicht nur, dass es unbestreitbar 
eine Härte wäre, dem Ausländer, der vielleicht weit entfernt vom 
Amtssitze des Vertreters seines Heimatstaates wohnt, zur Pflicht 
zu machen, sich zum Zwecke der Eheschliessung an diesen Ort 
zu begeben: wenn die Brautleute verschiedene Staatsangehörigkeit 
besitzen, würden sie sich nicht selten vor die Unmöglichkeit ge- 
stellt sehen, überhaupt eine Ehe zu schliessen, weil die Vertreter 
einiger Staaten überhaupt nicht ermächtigt sind, Eheschliessungen 
vorzunehmen, die Vertreter anderer Staaten wieder eine bezügliche 
Ermächtigung nur für ihre Landesangehörigen besitzen.
	        
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