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diplomatischen Agenten und Konsuln als Standesbeamte nach
Massgabe der Gesetze des von ihnen vertretenen Staates handeln,
ist nicht zu folgern, dass auch die persönliche Fähigkeit zur Ein-
gehung der beabsichtigten Ehe nach diesen Gesetzen ausschliess-
lich zu beurteilen wäre; die bezüglichen Bestimmungen beziehen
sich zunächst nur auf die Vornahme der Eheschliessungshandlung.
Von der Berücksichtigung der Gesetze des Eheschliessungs-
ortes wird aber aus einem anderen Grunde abgesehen werden können.
Der Staat erkennt jedenfalls die von Ausländern im Auslande
abgeschlossenen Ehen als giltig an, auch wenn sie nach seinen
Gesetzen nicht hätten abgeschlossen werden können und dies
selbst dann, wenn sich die Ausländer, die in seinem Gebiete
ihren Wohnsitz haben, zum Zwecke der Eheschliessung ins Aus-
land begeben haben. Wenn der Staat solche Ehen aber über-
haupt anerkennt, so besteht kein Grund, dies nicht zu thun, wenn
zufällig der Eheschliessungswille innerhalb seines Gebietes erklärt
wurde. Dadurch, dass er sie anerkennt, giebt er zu, dass das
Bestehen derselben an sich kein Öffentliches Aergernis bildet,
nur wird er sich mit Recht weigern, seine Mitwirkung zum Zu-
standekommen einer Ehe zu bieten, die seinen Ansichten über
Sitte und Anstand zuwiderlauft. Von diesem Gesichtspunkte aus
wird sich der Satz rechtfertigen lassen, dass diplomatische Agenten
und Konsuln die Gesetze des Eheschliessungsortes über die persön-
liche Fähigkeit der künftigen Ehegatten zur Eingehung der
beabsichtigten Ehe nicht zu berücksichtigen haben.
8 4. Praktische Erwägungen.
I.
Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen und in wel-
chem Umfange die Eheschliessung vor diplomatischen Agenten
und Konsuln zuzulassen sei mit der Folge, dass dieselbe überall
als giltig behandelt wird, hat sich das Institut für internationales
Recht wiederholt beschäftigt.