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der Rechtszustand eines Landes die Ermächtigung fremder Ver-
treter zur Vornahme von Eheschliessungen wünschenswert er-
scheinen lässt, so muss auch zugegeben werden, dass ein Be-
dürfnis unterschiedslos für Ehen von Angehörigen eines Staates
unter einander wie mit Fremden gegeben ist. Welcher ver-
nünftige Grund liesse sich dafür anführen, die Ehe zwischen An-
gehörigen des Deutschen Reichs vor einem Vertreter desselben
in einem der südamerikanischen Staaten zu gestatten, sie aber zu
verbieten, wenn beispielsweise die zukünftige Frau die englische
Staatsangehörigkeit besitzt? Muss in diesem Falle nicht auch
England eine solche Eheschliessung der Verurteilung einer seiner
Angehörigen zur Ehelosigkeit vorziehen, wie sie der Rechts-
zustand in den südamerikanischen Staaten für alle Nichtkatholiken
zur Folge hat?
Bedenken können vernünftigerweise nur von dem Staate er-
hoben werden, in dessen Gebiet die Eheschliessung erfolgt, wenn
einer seiner Angehörigen mit einem Ausländer vor einem fremden
Vertreter eine Ehe schliessen sollte.
Eine Erweiterung der Zuständigkeit der diplomatischen
Agenten und Konsuln zur Vornahme von Eheschliessungen, bei
welchen Angehörige dritter Staaten beteiligt sind, lässt sich
übrigens nur für den Fall einer Eheschliessung eines Landes-
angehörigen mit einer Ausländerin, nicht auch für den umgekehrten
Fall rechtfertigen.
Die Ehefrau tritt nach der überwiegenden Mehrzahl der
Gesetzgebungen über Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit
durch die Ehe in den Staatsverband des Ehemannes ein: die Ehe-
schliessung ist nicht nur als Grund des Erwerbes, sie ist auch
allgemein als Grund des Verlustes der Staatsangehörigkeit an-
erkannt. Die Eheschliessung tritt an die Stelle der Naturalisation;
wie aber diese, obwohl sie regelmässig in einem einseitigen Akte
der Regierung des Adoptivvaterlandes besteht, von dem bisherigen
Heimatstaste des Naturalisierten als Verlustgrund bezüglich der