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Diesen Grundsatz dehnt er nun auf die Strassen aus (8. 16):
Wie der Fluss nicht ohne Ufer, kann die Strasse in ihrer Voll-
endung nicht ohne Häuser gedacht werden, eine Verbindung, die
bei dem einen durch die natürliche Lage, bei der anderen durch
die Bestimmung der Menschen bedingt wird. „Wie die Befug-
niss der Uferbesitzer zum Gebrauch des Flusses eine andere ist
als der einem Jeden zustehende Gemeingebrauch, so dient auch
die Strasse dem Anlieger in einer anderen (?) Weise als Jedem
der durch sie geht, reitet oder fährt.“
Diese analoge Ausdehnung der obengedachten Legalservitut er-
scheint als eine sehr bedenkliche Konstruktion, da öffentlicher
Fluss und öffentliche Strasse in der Art des an ihnen zustehenden
Gebrauchs ausserordentlich verschiedener Natur sind.
Der LösBenrL’schen Theorie vermögen wir daher nicht zu
folgen; wir schliessen uns vielmehr OTTO MAYER an, der folgende
Meinung äussert: „Auch wo es nicht ausdrücklich gesagt ist, ist
der Rechtssatz, der Ööffentlich-rechtliche Entschädigung zusagt,
nur so zu verstehen, dass ein Eingriff in den unmittelbaren
rechtlichen Machtkreis des Individuums vorausgesetzt wird. Das
ist gemeint, wenn gesagt wird, die Entschädigung setze indivi-
duelle Rechte voraus. Eine Rechtsverletzung ist damit nicht
in Frage; der Zwang, Rechte und Vortheile aufzuopfern, oder
die Verletzung eines bestehenden rechtlichen Zustandes ge-
nügt.“ (S. 353.) Damit, dass die Strasse dem allgemeinen
Verkehr dient, ist nur die Hauptmasse ihrer Benutzungsarten
bezeichnet; sie steht aber auch offen für Alles, was gelegentlich
dieses Verkehrs sich als Benutzung von selbst ergiebt: Der Haus-
besitzer nimmt seinen Zugang von der Strasse, er bezieht von
dort her Licht und Luft; alles ohne besondere Erlaubniss, auf
Grund des „Rechts“ des Gemeingebrauchs, weil es die öffentliche
Strasse ist!. Dazu kommen thatächliche Einwirkungen in das
ı* Ebenso schon SCHULTZENSTEIN a. a. O. S. 760.