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In einer Entsch. vom 28. November 1890 (SEUFFERT, N. F.
Bd. XVI No. 164) nennt das Reichsgericht den Grundsatz,
dass wohlerworbene Rechte nur gegen Entschädigung aufgehoben
werden sollen, nur eine Norm, welche bei der Gesetzgebung be-
obachtet werden solle. Die Konstruirung eines Juristenrechts
ist an sich bedenklich. Gewohnheitsrecht soll aus der durch
Rechtsüberzeugung entstandenen Uebung erkannt werden. Jeder
Prozess setzt aber die meistens ernste Bestrittenheit des
Rechtes voraus. Sollen nun die Richter im Gegensatze zur
Meinung eines Volkstheiles das Volk allein bei der Rechtsbildung
vertreten?! Für den Spezialfall kommt die Entsch. vom 16. Nov.
1880 (Bd. III S. 173) in Betracht: Von einer Klage gegen das
(Gemeinwesen im Falle der Entziehung des Gemeingebrauches an
einer öffentlichen Strasse könne höchstens dann die Rede sein,
wenn anzunehmen wäre, dass die Bestimmung zum (Gemein-
gebrauche eine immerwährende und unentziehbare sei; dies sei
nicht anzunehmen, da die Quellen es nicht ergäben. Es wird
daher auch der Schadensersatzanspruch abgewiesen (vgl. Bd. VI
S. 162). Bemerkenswerth ist, dass das Reichsgericht in diesen
Entscheidungen die Servitutkonstruirung verwirft, die ihm auch
hier zu nichts verhelfen würde (vgl. noch BERING, „Rechte an
öffentlichen Wegen“ 8. 67, 94; DERNBURG, Pandekten Bd. 18 72).
Da sich ein Gewohnheitsrecht nicht gebildet hat, so mangelt
denn auch für das Gebiet des gemeinen Rechts der Ersatz-
anspruch im Falle der Schädigung. Es fehlt an dem Aequivalent
für 8 75 Einl. Allg. L.-R. — Das neue bürgerliche Recht be-
handelt die Frage selbstredend direkt nicht, da sie Öffentlich-
rechtlicher Natur ist.
Uebrigens scheint der Gesetzgeber an eine reichsgesetzliche
Kodifikation zu denken, denn Art. 52/109 Einf.-Ges. zum B. G.-B.
spricht von dem Falle, dass auf Grund eines Reichs- oder Landes-
gesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen
Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung