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Autorität als der des Gesetzes unterworfene, Gerichte
ausgeübt,
nämlich ausgeübt, als ob sie der König selbst ausübte, nicht —
wie andere Behörden — unter seinen Befehlen, sondern so, wie
der König selbst Recht sprechen würde, wenn er als solcher
Recht zu sprechen, berechtigt wäre, nämlich ganz nach seinem
Ermessen („unabhängig“) und nur beschränkt durch das Gesetz,
d. h. seine eigene Ansicht, nicht eine fremde Ansicht, über den
Inhalt des Gesetzes („keiner anderen Autorität als der des Ge-
setzes unterworfen“), nicht etwa ohne oder gegen das Gesetz.
Ganz in derselben Weise verordnet der Kaiser in der Eingangs-
formel der deutschen Reichsgesetze „im Namen des Reichs“, d.h.
nicht auf Befehl oder Veranlassung des Reichs, sondern so, als
ob das Reich, der Träger der Gesetzgebungsgewalt im Deutschen
Reiche, selbst verordnen würde (LABAND, Staatsrecht des Deut-
schen Reichs, Bd. I S. 543).
Weil „im Namen des Königs“ und „durch unabhängige, keiner
anderen Autorität als der des Gesetzes unterworfen“ dasselbe be-
deutet, ersteres durch letzteres erklärt wird, durfte der $ 1
R.-G.-V.-G. die Worte „im Namen des Königs“ weg- bezw. un-
ersetzt lassen; „unabhängig“, „nur dem Gesetz unterworfen“ ist
gleichbedeutend mit „im Namen des Landesherrn® oder „im
Namen der Landesregierung“ bezw. „im Namen des Reichs“, weil
nur diese Stellen bezw. Personen bei ihrer Anwendung der Ge-
setze keinen Weisungen Anderer unterworfen sind, sondern nur
dem Gesetze.
Nicht nur die Fassung des $1 R.-G.-V.-G. ist im Wesent-
lichen gleichbedeutend mit der des Art. 86 Preuss. Verf., sondern
auch dasjenige, was beide Bestimmungen unter Gesetz verstehen,
erscheint dasselbe.
Allerdings ist das Gesetz des $ 1 R.-G.-V.-G. nicht nur
das Landes- (Preussische) Gesetz des Art. 86 Preuss. Verf.,
sondern:
1. das Reichsgesetz,
2. das Landesgesetz des Bundesstaats;
aber in beiden Fällen ist „Gesetz“ gleichbedeutend mit „gesetz-