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gebende Gewalt“, bezw. Ausdruck des Willens der gesetzgebenden
Gewalt, dem formellen Gesetz (LaBann Bd. I S. 566).
(tesetz ist hier nicht, wie in den Einführungsgesetzen zur
R.-O.-P.-O 8 12, zur R.-K.-O. 8 2, zur R.-St.-P.-O. 8 7, zum
B.-G.-B. Art. 2, „jede Rechtsnorm“, das materielle Gesetz, die
Anwendung von Rechtsregeln (LaBanD a. a. O.), denn der $8 1
R.-G.-V.-G. beschäftigt sich, sowenig wie Art. 86 Preuss. Verf.,
mit den Normen, welche die Gerichte bei ihrer Thätigkeit anzu-
wenden haben. Er würde sonst für die Gerichte nichts Neues,
Abweichendes von der Thätigkeit anderer Behörden bestimmen,
die ebenfalls das „Gesetz“, nämlich das, was in den Gesetzen
steht, sei es den Inhalt formeller Gesetze, sei es eine „Rechts-
norm“ anzuwenden haben, dem „Gesetz“ in diesem Sinne unter-
worfen sind (LABAnD Bd. IS. 552).
Vielmehr will der 8 1 @.-V.-G., wie Art. 86 Preuss. Verf.,
bestimmen, dass die Gerichte nur dem Gesetze unterworfen seien,
nicht einer anderen Autorität, für den Entschluss, ob und wie
sie in Thätigkeit zu treten oder ihre Thätigkeit zu unterlassen
haben, im Gegensatz zu anderen Behörden, welche nicht nur dem
(esetz, nämlich dessen Anordnungen, sondern auch dem Befehle
und der dienstlichen Weisung eines Andern darüber und über
den von ihnen festzuhaltenden Inhalt des Gesetzes unterworfen
sind, wie dies für die Staatsanwaltschaft in $ 158 R.-St.-P.-O,
und 8 147 R.-G.-V.-G. ausdrücklich angeordnet ist.
Das „Gesetz“ des $1 G.-V.-G. (und Art. 86 Preuss. Verf.)
ist also nicht eine Vorschrift für den Dienstbetrieb, sondern für
die staatsrechtiiche Stellung der Gerichte im Betriebe der Be-
hörden.
Die Gerichte wenden das Gesetz in ihrem Berufe nicht an,
wie andere Behörden, weil sie von Anderen dazu angehalten wer-
den, sondern es ist ihre Aufgabe, kraft $ 1 R.-G.-V.-G. (Art. 86
Preuss.. Verf.), das Gesetz anzuwenden. Sie werden nicht von
Anderen bezw. von der ausübenden Gewalt angehalten, das Gesetz
bezw. ein bestimmtes Gesetz anzuwenden oder nicht anzuwenden,
sondern sie haben selbst zu entscheiden, ob und welches Gesetz
anzuwenden ist. Ihr Beruf beruht in Entscheidung, ob und