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Ueberhaupt wollen „Se. Königl. Majestät Höchstdero sämmt-
lichen Unterthanen gegen alle unrechtmässige Bedrückungen und
Beeinträchtigungen nachdrücklichen Schutz gehalten und die dahin
abzielenden Vergehungen aller und jeder Justizbedienten mit
Ernst und Strenge geahndet wissen“ ($ 28 Allg. G.-O. III, 1).
Es ist der Niederschlag aus den Erfahrungen mit einer
räumlich weit von einander getrennten Masse von Gerichtsbehör-
den, der Anwendung unzähliger, zum Theil örtlicher Rechte und
Gewohnheiten, nicht weniger aber auch der Unzufriedenheit mit
öffentlichen Dienststellen, die sich der immer schärfer werdenden
Zeentralisation widersetzten, und zugleich einer persönlichen Auf-
sicht.
Dass dieser Widerstand, zum Theil wenigstens, im Wesen
der Justiz, der Rechtsprechung überhaupt begründet war, wurde
übersehen und die Gesammtheit der Gerichte unter der Bestim-
mung für unparteiische und prompte Rechtspflege dem Örganis-
mus des Staats eingefügt, ganz in derselben Gesetzgebungsweise,
welche im 8 86 Allg. L.-R. II, 8 den Städten, die zum Theil älter
als der gesetzgebende Staat waren, eine gewisse Bestimmung
zuwies,
Im Namen von Grundsätzen lässt sich nur in einfach ge-
arteten Verhältnissen, in Isolirtheit, mit Gewalt wirthschaften;
wo die Beziehungen mannigfach werden, wo man nicht allein
steht, wo Gewalt nicht erlaubt ist, muss mehr oder weniger den
Grundsätzen selbst Gelegenheit gegeben werden, sich die Herr-
schaft zu erringen.
Ein eigentliches Gerichtsaufsichtsgesetz wurde in Preussen
nicht erlassen, weder in der neuen Organisation der Justiz
behörden, durch die Verordnung vom 2. Januar 1849, noch in
einem neuen Gesetze nach Erlass der Verfassung; es blieb bei
den Anschauungen der Allgemeinen Gerichtsordnung, trotz
völliger Veränderung der staatlichen Verhältnisse und Anschau-
ungen.
Abgesehen von den Aufsichtsbefugnissen des Justizministers
und der Vorsteher der einzelnen Gerichte bestellte der $ 25
No. 3 der Verordnung vom 2. Januar 1849 die Appellations-