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Zur Begründung des $ 101 des Entwurfes, welcher, ab-
gesehen von redaktionellen Abänderungen, als $ 122 gesetzliche
Anerkennung fand, wurde nach den Verhandlungen des Reichs-
tages 7. Legislaturper. Bd. 4 8. 96 hervorgehoben, dass die
Entscheidung vorhandener Meinungsverschiedenheiten der beregten
Art deshalb den Verwaltungsbehörden übertragen werden solle,
um das Reichsversicherungsamt bezw. die Landesversicherungs-
ämter hinsichtlich einer erheblichen Reihe von Streitfällen zu
entlasten, welche mehr untergeordneter Art seien, überwiegend
auf der Anwendung feststehender Grundsätze beruhen, gering-
fügige Beträge behandeln, und dies umsomehr, weil damit gleich-
zeitig auch dem Zwecke gedient werde, eine bei laufenden Bei-
trägen doppelt notwendige schnelle Entscheidung herbeizuführen.
In der ersten Lesung der Reichstagskommission fand ein Antrag,
in besonderen Fällen die Entscheidung an die oberste Stelle zu
bringen (Bd. 5 S. 935) keine Annahme, und ebenso wurde der in
der zweiten Lesung gestellte Antrag, dass eine weitere Beschwerde,
insoweit dieselbe wegen Verletzung des Gesetzes angefochten
werde, dem Reichsversicherungsamte zustehen, während im
übrigen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde end-
gültig sein sollte (ebenda 8. 979), abgelehnt, obschon zu seiner Be-
gründung geltend gemacht war, dass es erforderlich erscheine, in
den beregten Fällen die Entscheidung einer höchsten Behörde
herbeizuführen, damit eine einheitliche Rechtsprechung im ganzen
Reiche stattfinde. Das gleiche Geschick erfuhr auch der ge-
legentlich der zweiten Lesung im Reichstage gestellte Antrag
STRUCKMANN (Bd. 3 S. 1609), bei Streitigkeiten im Falle des $ 101
gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde, soweit
dieselbe wegen Nichtanwendung oder unrichtiger Anwendung des
bestehenden Rechts angefochten werde, die Beschwerde an das
Reichsversicherungsamt zuzulassen. In allen diesen Fällen war
die Ablehnung infolge der Versicherung des Regierungskommissars
erfolgt, dass es sich ja garnicht um generelle präjudizielle Ent-
scheidungen handeln könne, obgleich der Struckmann’sche Antrag
damit begründet war, dass es sich hier gerade um Entscheidungen
handle, die prinzipiell von noch viel grösserer Wichtigkeit seien,