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deutende Männer gegenüber den Erfordernissen der wirthschaftlichen Lage
auf dem neu erschlossenen Kolonialboden zurück, und daraus erklärt sich
wohl auch die Kühle, mit der Koc# die Amerikaner behandelt, gegenüber
dem viel wärmeren Ton, den er bei der ja immer wieder anziehenden Dar-
stellung der Anfänge der französischen Umwälzung anschlägt. Dass er der
— neuerdings auch in Deutschland durch Frh. v. NORDENFLYCHT in Anlehnung
an Tanz vertretenen — Auffassung, die französische Revolution wäre
eigentlich gar nicht nöthig gewesen, entgegentritt, wird man billigen müssen.
Näher auf das Werk einzugehen verbietet mir der beschränkte Raum. Sein
Studium ist aber Jedem zu empfehlen, der der Entwickelung dieser in unserm
„demokratischen“ Jahrhundert noch so aktuellen Fragen Interesse entgegen-
bringt. Wenn das Werk vollendet vorliegt, wird darauf zurückzukommen sein.
Stettin. Dr. Jacobi, Regierungsrath.
Max Fleischmann, Doktor der Rechte, Der Weg der Gesetzgebung in
Preussen. Breslau, M. & H. Marcus, 1898. VII u.1288. gr. 8. M. 3.60,
Die enge Begrenzung des Themas gestattete dem Verf. eine sehr genaue,
in die Einzelheiten eingehende Darstellung, welche in dieser Hinsicht die bis-
herigen Behandlungen derselben Lehre übertrifft. Die Durchforschung der
stenographischen Berichte über die Verhandlungen der beiden Häuser des
Landtages ergab für einzelne Fragen eine Ausbeute; namentlich gilt dies von
den bisher in der Litteratur etwas vernachlässigten Verhandlungen des Herren-
hauses; auch hat der Verf. einiges ungedrucktes Material benutzen können.
Der Verf. hat zur Erläuterung der preussischen Verfassung nicht nur vielfach
das belgische Verfassungsrecht verwertet, sondern zur Vergleichung auch das
Recht anderer Staaten, namentlich der Deutschen, berücksichtigt. Die Me-
thode des Verf., den Weg der Gesetzgebung Schritt für Schritt sorgfältig zu
verfolgen und auch das scheinbar geringfügige Detail in den Kreis der Dar-
stellung zu ziehen, hat ihn zur näheren Untersuchung von Fragen geführt, die
bisher nur gelegentlich und kurz behandelt worden sind. So führt er z. B.
bei Erörterung der Initiative des Königs den Nachweis, dass Gesetzesvorlagen
auch in beiden Häusern des Landtags zugleich eingebracht werden können.
Bei der Besprechung der Initiative der Kammern führt der Verf. aus, dass
weder der Antrag von Kammermitgliedern noch die Annahme des Antrages
von Seiten der Mehrheit der Kammer als ein „Gesetzesvorschlag“ anzusehen
sei; ein solcher finde vielmehr erst in dem Augenblick statt, wenn der Be-
schluss eines Hauses dem andern Hause zugeht. Aus dieser Begriffsbestimmung
zieht der Verf. für die Auslegung des Art. 64 der V.-U. Konsequenzen,
wobei er sich in eine etwas spitzfindige und praktisch resultatlose Unter-
scheidung zwischen „vorschlagen“ und „vorbringen* verliert. Dass es im
Art. 64 Ahs. 2 heisst: „Gesetzesvorschläge .,. können... . nicht wieder vor-