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gebracht werden“, und nicht: „vorgeschlagen werden“, beruht auf sprach-
lichen Rücksichten und man braucht dahinter keine versteckte legislatorische
Feinheit zu suchen. Die Erörterungen über die Beratung und Beschluss-
fassung der Kammern erläutern u. A. die Vorschriften der Geschäftsordnungen
der beiden Häuser des Landtags. Zutreffend ist die Ausführung (S. 54ff.), dass
die im Art. 62 Abs. 2 der V.-U. erforderte Uebereinstimmung des Königs
und beider Kammern zum Zustandekommen eines Gesetzes nicht genügt,
sondern dass ausser dieser Zustimmung noch die Sanktion des Königs er-
forderlich ist, welche ein Majestätsrecht und von der im Art. 62 erwähnten
Zustimmung wesentlich verschieden ist. Ebenso richtig ist das, was der
Verf. 8. 68ff. über die Ausfertigung des Gesetzes und den begrifflichen Unter-
schied zwischen Sanktion und Ausfertigung vorbringt. Wenn er aber eine
Untersuchung darüber anstellt, ob das Gesetz zuerst sanktioniert und dann
ausgefertigt wird oder ob die zeitliche Reihenfolge die umgekehrte ist, so
verliert dies jede praktische Bedeutung dadurch, dass in Preussen die Aus-
fertigung und Sanktion in einem und demselben Akte erfolgen. Als Erforder-
nisse der Sanktion zählt der Verf. die eigenhändige Unterschrift des Königs,
die Beidrückung des Siegels, die Beifügung des Datums auf; dies sind aber gerade
Thatbestandsmomente der Ausfertigung. Die Frage der zeitlichen Reihenfolge
würde für das preussische Recht nur dann Bedeutung haben und überhaupt
entschieden werden können, wenn die Sanktion des Gesetzes in irgend einer
anderen Form als durch Ausfertigung der Gesetzesurkunde erfolgen könnte.
Von grösserer praktischer Erheblichkeit sind die Ausführungen des
Verf. darüber, in wie weit die Eingangsformel der Gesetze der Beschluss-
fassung des Landtags unterliegt (S. 75ff.). Hinsichtlich der Verkündigung
verteidigt der Verf. mit beachtenswerten Gründen die Ansicht, dass dafür
keine zeitliche Schranke bestehe. Schliesslich erörtert der Verf. die beson-
deren Regeln, welche für Finanzgesetze und verfassungsändernde Gesetze
gelten. Die Arbeit des Verf. erbringt keine neuen Resultate von erheblicher
Bedeutung; aber sie ist eine fleissige staatsrechtliche Miniaturmalerei.
Laband.
Die Rechtsprechung des Kgl. Preussischen ÖOberverwaltungs-
gerichtsin systematischer Darstellung. 1. Bd. bearb. von B. v. Kamptz
und St. Genzmer, 1897, VII u. 889 S. gr. 8.; 2. Bd. bearb. von
v. Kamptz, Ph. Freytag, Genzmer, Dirksen, 1897, V u. 1157 8.
gr. 8.; 3. Bd. bearb. von v. Kamptz, Freytag, Genzmer, E. Barre,
A. Germershausen, M. Dirksen, 1898, VII u. 836 S. gr. 8. Berlin,
Carl Heymann’s Verlag. M. 14.—, 16.— und 15.—; Subskriptions-
preis für das ganze Werk einschliesslich des noch ausstehenden
4. Bandes: M. 48.—.
Die vom System des Verfassungsrechts allmählich in Theorie und Praxis
abgegliederte Verwaltung mit ihrem, jedem einzelnen Geschäftszweig ent-