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verfahren in England nur dann zulässig ist, falls das uneheliche
“ Kind im Inlande geboren wurde.
Ebenso spärlich floss im Jahre 1896 die zweite, Recht er-
zeugende Quelle, die Judikatur. Zufolge einer bekannten, alt-
hergebrachten englischen Beweisregel können für, wie gegen einen
Angeklagten Aeusserungen dritter Personen, einschliesslich der
verletzten Person, nicht zum Beweise benutzt werden, z. B. dürfen
den Geschworenen nicht Aeusserungen vorgeführt werden, welche
die verletzte Person nach der That einem Polizeibeamten gegen-
über fallen liess. Von dieser Regel gestattete man bereits seit
längerer Zeit insofern ein Ausweichen, als im Falle der Notzucht
der Anklägerin die Frage vorgelegt werden durfte, ob sie sofort
nach der That Anzeige erstattet habe, und an wen die Anzeige
erstattet sei, und insofern als dann der Empfänger der Anzeige
über die Richtigkeit der Antworten der Anklägerin vernommen
werden konnte. Zuweilen liess das Gericht sogar zu, dass der
Empfänger der Anzeige gefragt wurde, ob die Anzeige gegen den
Angeklagten erstattet sei, oder man erlaubte wenigstens die
weitere Frage „Was thaten Sie auf die Anzeige hin?“, worauf
dann die Antwort erging: „Ich verhaftete den Angeklagten.“ Der
Court for Crown Cases Reserved hat im vergangenen Jahre in
einer Strafsache wegen Notzucht entschieden, dass der Empfänger
der ersten Anzeige über sämtliche Aeusserungen vernommen
werden darf, welche die Anklägerin ihm gegenüber machte. Be-
gründet wird diese Entscheidung damit, dass zur Feststellung der
Glaubwürdigkeit der Aussagen der Anklägerin in der mündlichen
Hauptverhandlung eine Beweisaufnahme über ihre Aeusserungen
bei Gelegenheit der ersten Anzeige von Bedeutung ist.
Die diesjährige Parlamentssession, welche Ende Januar ihren
Anfang nahm und zur Zeit ihrem Ende entgegengeht, scheint
gleichfalls ohne besondere Früchte auf strafrechtlichem Gebiete
zu verlaufen. Die Law of Evidence (Criminal Cases) Bill (vergl.
Archiv, Bd. XII, 1896, S. 56) wurde am 29. Januar dem Unter-