Das Bürgerliche Recht und das Gesinderecht.
Von
Dr. Lupwıs FuLp, Rechtsanwalt in Mainz,
Die übergrosse Aengstlichkeit, mit welcher der Reichsgesetz-
geber es vermieden hat, bei der Kodifikation des bürgerlichen
Rechts auch die Regelung öffentlich-rechtlicher Materien in den
Bereich des einheitlichen Rechts aufzunehmen, ist in erster Linie
dafür verantwortlich zu machen, dass auf dem Gebiete des Ge-
sinderechts auch fernerhin jener veraltete, verworrene und im
Einzelnen schwer zu übersehende Rechtszustand geltend sein
wird, der bisher schon eine der Eigenthümlichkeiten des deut-
schen Rechtslebens bildete; ob dieselbe zu den sog. berechtigten
Eigenthümlichkeiten zu zählen ist dürfte auch demjenigen recht
zweifelhaft sein, welcher weit davon entfernt ist zu verkennen,
dass die Verschiedenheit der wirthschaftlichen und gesellschaft-
lichen Verhältnisse in den einzelnen Theilen Deutschlands bezüglich
mancher Rechtsverhältnisse der gleichheitlichen Ordnung schwer
zu überwindende Hindernisse entgegenstellt.e Bekanntlich ist
die Rechtsverschiedenheit, die bezüglich der Normirung der
Pflichten und Rechte des Gesindes in Deutschlands besteht, ganz
besonders gross, wie aus der Durchmusterung des von KAEHLER
mit grossem Fleisse gesammelten Materials hervorgeht!. Nicht
1 KıAEHLER, Gesindewesen und Gesinderecht in Deutschland (Jena, Gustav
Fischer, 1896).