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Zu den Hausoffizianten gehören z. B. Inspektoren, Wirthschaf-
terinnen, Silberbeschliesserinnen, Wirthschaftssekretäre; man hat
aber in der Praxis auch schon Hausdamen, Repräsentantinnen,
Stützen der Hausfrau, Privatsekretäre u. dgl. m. dazu gerechnet,
trotzdem kaum bestritten werden kann, dass hiermit in die
Sphäre derjenigen Personen eingegriffen wurde, welche in gesell-
schaftlicher Hinsicht und in Ansehung ihrer Bildung über jenen
stehen.
Da die Hausoffizianten nach dem Landrecht zwar in den
meisten Beziehungen dieselben Rechte und Pflichten haben wie
das Gesinde aber gleichwohl nicht zu demselben gehören so
unterliegen sie vom 1. Jan. 1900 an nicht mehr den Bestimmungen
des preussischen Gesinderechts sondern lediglich denjenigen des
Bürgerlichen Gesetzbuchs; diese Verbesserung ihrer bisherigen
Rechtsstellung wird ihnen aber lediglich um deswillen zu Theil,
weil das Landrecht sie zwar dem Gesinderecht unterworfen, aber
nicht zu dem Gesinde gezählt hat; denn die Befugniss der
Landesgesetzgebung reicht nicht so weit zu bestimmen, dass
auch solche Personen dem Gesinderecht unterworfen sein sollen,
welche sie selbst nicht als Gesinde betrachtet. Hätte das
preussische Landrecht dagegen zwischen Hausoffizianten und Ge-
sinde nicht unterschieden oder würde durch ein preussisches
Ausführungsgesetz, dessen Zulässigkeit nicht bezweifelt werden
könnte, bestimmt, dass die Hausoffizianten von Beginn des neuen
Jahrhunderts zu dem (Sesinde gerechnet werden so würde auch
das Gesinderecht auf sie vollinhaltlich Anwendung finden. Man
kann daher JastrRow? durchaus beipflichten wenn er sagt,
die Unterstellung der Hausoffizianten unter das Bürgerliche
Gesetzbuch beruhe auf einem unglaublichen Formalismus, dass
die preussische Gesetzgebung anstatt der Scheidung derselben
von dem Gesinde auch hätte sagen können, die Hausoffizianten
2 Jastrow in der Sozialen Praxis, VI. Jahrg. S. 1254—1256.
Archiv für Öffentliches Recht. XIV. 1. 7