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werde, dass es vielmehr geboten sei zum Zwecke ausreichender
Garantirung der Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten
die Strafbarkeit des Vertragsbruchs auszusprechen mochte auch
gegen die Poenalisirung des Vertragsbruches des Gesindes ein
haltbarer Einwand nicht erhoben werden können; thatsächlich
zeigt auch die historische Würdigung der früheren Gesetzgebungen,
dass bei der Poenalisirung zwischen Arbeitern, Dienstboten, Hand-
werkern und Tagelöhnern nicht unterschieden wurde, der Gesetzgeber
vielmehr den Vertragsbruch der einen Kategorie für nicht minder
schädlich und nicht minder verwerflich erachtete wie denjenigen
der anderen. Auf diesem Standpunkte stehen insbesondere die
Reichspolizeiordnungen des 16. Jahrhunderts, welche den Landes-
obrigkeiten die Verpflichtung auferlegten für die genannten Per-
sonen Satzungen aufzustellen, „damit sie ihres Gefallens nicht
aus den Diensten und Arbeit treten und derselben Ungehorsam
und eignem Will fürkommen werde“. Nachdem aber die Gesetz-
gebung denselben als unberechtigt aufgegeben und an Stelle der
früheren Organisation der Arbeitsleistungen den Güteraustausch-
vertrag gesetzt, die locatio conductio operarum, ist die grund-
sätzliche Voraussetzung für die Strafbarkeit des von Personen
des Gesindes begangenen Vertragsbruchs hinweggefallen. Mit
Recht sagt STEINBACH in seinem eigenartigen Buche über die
Rechtsgeschäfte der wirthschaftlichen Organisation, dass die Straf-
bestimmungen gegenüber dem Gesinde nur so lange allenfalls
eine Berechtigung hatten, als der Dienstbote gegründete Hoffnung
besass bei gutem Benehmen sein ganzes Leben in einem und
demselben Hause zuzubringen und dort auch für den Krankheits-
und Arbeitsunfähigkeitsfall versorgt zu sein; grundsätzlich konnte
allerdings auch schon zu jener Zeit als diese Form patriarcha-
lischer Organisation des Wirthschaftslebens noch lebendige Kraft
besass kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass Kriminalstrafen
als Zwang zur Vertragserfüllung vollständig unberechtigt seien.
Diese Organisation, welche ihre Bedeutung hatte und auch der