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Von meinem Standpunkte, als Anhänger der Monarchie von
Gottes Gnaden, vermag ich diese Meinung nicht als richtig an-
zuerkennen.
Allein selbst wenn man der Ansicht der vorgenannten Theo-
retiker zustimmt, wird man zugeben müssen, dass, wenn die Ver-
fassung eines Staates die Rechte aller Agnaten ausdrücklich
garantirt, die Verfassungsgesetzgebung die Thronfolgeordnung
ohne Mitwirkung der Agnaten nicht abändern kann, so lange
der die Rechte der Agnaten garantirende Satz der Verfassung
noch besteht. Zum Mindesten müsste erst, wieder auf dem
Wege der Verfassungsgesetzgebung, der betreffende Satz der
Verfassung aufgehoben werden. Und man wird die Frage, ob
letztere Aufhebung ohne Mitwirkung der Agnaten geschehen
kann, für diesen Fall verneinen müssen, weil eine solche Auf-
hebung nichts Geringeres sein würde, als eine einseitige Ent-
ziehung verfassungsmässig verbriefter Rechte.
Ein solcher Fall liegt nun in der Lippischen Verfassungs-
urkunde vor. Die Verfassungsurkunde des Fürstenthums Lippe
vom 6. Juli 1836 enthält in Tit. 18 5 Abs. 3 den folgenden
Satz:
„Das pactum unionis, das pactum tutorium und die Hof-
gerichtsordnung werden ausdrücklich von Uns bestätigt, sowie
auch die in den Hausverträgen begründeten Rechte der Erb-
herrlichen Linien unverändert bewahrt bleiben.“
Ueber den Sinn des Satzes: „die in den Hausverträgen be-
gründeten Rechte der erbherrlichen Linien sollen unverändert be-
wahrt bleiben“ ist schon in der bisherigen Litteratur zur Lippi-
deutschen Staatsrechts, S.190; MEYER, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts,
4. Aufl. S. 227; von Mour, Württembergisches Staatsrecht, $ 80; B. ScHMIDT,
Ansprüche ausserdeutscher Staaten auf deutsches Reichsgebiet, S. 30;
H. SchuLze, Preussisches Staatsrecht, $ 55, Lehrbuch des deutschen Staats-
rechts, Bd. I S. 214; SeıpLer, Studien zur Geschichte und Dogmatik des
österreichischen Staatsrechts, S. 58; SevpeL, Bayrisches Staatsrecht, Bd. I
8. 389 u. A.
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