Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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auszüge und zahlreiche, freilich, wie er selbst zugiebt, nicht unbedingt zu- 
verlässige, statistische Belege bekräftigt werden. Anter’s Schrift, kompress 
und doch überaus klar geschrieben, ist um Vieles nüchterner gehalten; er 
beschränkt sich darauf, auf seine Quellen nur zu verweisen, ohne sie zu 
exzerpiren und giebt gleichsam einen Epilog zu den erregten gewerbepoliti- 
schen Debatten der letzten Jahre. Seine Studie, mit der wir es hier nur 
allein zu thun haben, bietet zwar in ihren ersten Theilen für den Kenner der 
Enquöte des Vereins für Sozialpolitik und der vorigjährigen Verhandlungen 
desselben in Köln wenig Neues; immerhin wird der übersichtlich disponirte 
und kritisch zusammengestellte Auszug, wie er hier vorliegt, auch jenem will- 
kommen sein. In jedem Falle erscheint er vortrefflich geeignet, einem 
grösseren Publikum den Komplex von Verhältnissen inner- und ausserhalb 
des Handwerks, der seinen Niedergang herbeigeführt hat, zu vergegen- 
wärtigen. Zu diesem einer Belehrung bedürftigen Publikum, das auf diesem 
Wege befriedigt werden kann, dürfte übrigens auch mancher Fachmann und 
Politiker gehören; denn es setzt wirklich ein besonders lebhaftes Interesse 
zur Sache voraus, wenn man sich der Mühe unterziehen will, sich durch 
das massenhafte und spröde Beobachtungsmaterial der verschiedenen 
Originalenqueten durchzuarbeiten. Besonders instruktiv ist das fünfte 
(Haupt-) Kapitel „Die Versuche zur Lösung der Handwerkerfrage“. Hier 
werden die „kleinen“ und „grossen Mittel“ eingehend gewürdigt und gleich- 
zeitig die Gesetzgebung in ihren mannigfachen Phasen kritisch geprüft. So- 
wohl der Kreis derjenigen Bestrebungen, deren primärer Zweck die Hebung 
und Stärkung des Kleingewerbes im Rahmen der Gewerbefreiheit ist, Ver- 
besserung des technischen Arbeitsprozesses (Kleinmotoren), Erweiterung der 
Kreditorganisation (Genossenschaftskassen und -Banken), neue Unterneh- 
mungsformen) u. s. w., als auch das Programm der grossen Mittel, Zwangs- 
innung, Lehrlingsreform, Befähigungs- und Verwendungsnachweis findet eine, 
überall gleich subtile und objektive Analyse. Dass die Zwangsinnung einen 
völligen Misserfolg gezeitigt hat, wird jetzt auch in Oesterreich nirgends 
mehr ernstlich bestritten. Das Fiasko, das man mit der Einführung des 
Befähigungsnachweis gemacht hat, hängt hiermit eng zusammen. Auch die 
Neuregelung des Lehrlingswesens, vielleicht der wichtigste Punkt von allen, 
muss als verfeblte angesehen werden. Hier befürwortet der Verf. Ausdeh- 
nung der Arbeiterschutzgesetzgebung, gründliche Verbesserung des gewerb- 
lichen Fortbildungsschulwesens, Errichtung von Lehrwerkstätten u. dgl. m. 
Man sieht, das Resultat, zu dem die Untersuchung gelangt und eigentlich 
auch gelangen muss, ist ein vorwiegend negatives, Für AnLer ist die Hand- 
werkerfrage im Wesentlichen eine Bildungsfrage. Die Zukunft der meisten 
Arbeitsgewerbe, auch die der durch Konkurrenz von Industrie und Verlag 
verstümmelten, hängt nach ihm von der besseren Fach- und Genossenschafts- 
ausbildung der Betheiligten ab. Auch wir erblicken hierin den Kernpunkt der 
Sache; freilich sind wir um Vieles skeptischer. Die sog. „Produktionsgewerbe*,
	        
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