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im $ 138a unterblieb jedoch!. Der so entstandene Fehler ging
in den publizirten Gesetzestext über.
Dass der Reichstag bei der einen wesentlich formellen
Charakter tragenden Gesammtabstimmung über den inhaltlich
bereits durch die vorausgegangenen Beschlüsse zweiter und dritter
Berathung festgestellten Gesetzestext keine sachliche Aenderung
des $ 1384 mehr vornehmen wollte, kann füglich nicht in Zweifel
gezogen werden. Auch der Bundesrath ist offenbar bei Ertheilung
seiner Zustimmung von der Voraussetzung ausgegangen, dass eine
sachliche Aenderung des $ 138a nicht stattgefunden habe. Es
entsprach also der ursprünglich publizirte Text des $ 138a nicht
der wirklichen Willensmeinung der gesetzgebenden Faktoren.
Der Fall, dass der gesetzgeberische Wille in dem publizirten
Gesetzestext einen unrichtigen Ausdruck findet, steht nicht ver-
einzelt da. Eine solche Divergenz des gesetzgeberischen Willens
und des publizirten Gesetzes kann auf sehr verschiedene Ursachen
zurückzuführen sein. Die Ursache wird bisweilen darin liegen,
dass der Gesetzgeber für den seinem Willen entsprechenden Ge-
danken eine unzutreffende Fassung gewählt hat, indem er z. B.
die vollen, von ihm gar nicht beabsichtigten Konsequenzen einer
von ihm gesetzten Bestimmung nicht erkannt hat. Von einem
solchen Fehlgehen des Gedankenganges des Gesetzgebers wesent-
lich verschieden ist der Fall, dass der Gesetzgeber das Richtige
gedacht hat und bei der Verlautbarung seines Willens den seinen
Willen richtig wiedergebenden Ausdruck zu setzen glaubt, that-
sächlich aber einen anderen gar nicht von ihm gewollten Aus-
druck setzt. Der Unterschied beider Fälle entspricht der für
privatrechtliche Willenserklärungen vorzunehmenden Scheidung
zwischen: Irrthum über den Inhalt der Erklärung und Irrthum
in der Erklärungshandlung (vgl. Motive zum B. G.-B. Bd. I
8.196). In den Fällen, in denen der Gesetzgeber in der Er-
! Vgl. Drucksachen des Reichstags, 8. Legislaturp. I. Session 1890/91,
No. 4, 804, 479; Stenogr. Ber. $. 2813.
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