Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

— 160 — 
Bestimmung, die lediglich durch einen Zufall, etwa durch die 
Unaufmerksamkeit eines Setzers, die Form eines Gesetzes erhalten 
hat, bloss dieser Form wegen gesetzliche Geltung zubilligt. Giebt 
man aber die Nichtverbindlichkeit des publizirten Gesetzestextes 
im Falle eines Druckfehlers zu, so wird man sich der gleichen 
Folgerung für den Fall eines Redaktionsversehens nicht entziehen 
können, denn auch in letzterem Falle ist es lediglich ein Zufall, 
der einer Bestimmung, die niemals als (xesetz gewollt ist, die 
Form eines Gesetzes verleiht. Durchaus verfehlt ist es, wenn 
man sich behufs Begründung der angeblichen Verpflichtung zur 
unbedingten Anwendung des publizirten Gresetzestextes auf Ver- 
fassungsbestimmungen beruft, durch welche das Recht zur Prüfung 
der Rechtsgültigkeit gehörig publizirter Gesetze eingeschränkt 
wird, z. B. auf Art. 106 der preussischen Verfassung: 
„Gesetze und Verordnungen sind verbindlich, wenn sie 
in der vom Gesetze vorgeschriebenen Form bekannt gemacht 
worden sind. 
Die Prüfung der Rechtsgültigkeit gehörig verkündeter 
Königlicher Verordnungen steht nicht den Behörden, sondern 
nur den Kammern zu“ !”, 
Durch derartige Verfassungsbestimmungen soll lediglich die 
Prüfung der Frage, ob ein Gesetz auf verfassungsmässigem Wege 
zu Stande gekommen ist, ob insbesondere die verfassungsmässige 
1! So HEFFTER a. a. 0. S. 32: „In dem Wenn des Art. 106 liegt zu- 
gleich das Wie mitenthalten“; ferner v. ScHULZE a. a. O. S. 444ff.: „Die 
Prüfung, zu welcher die Richter, sowie alle übrigen Personen hinsichtlich 
der Existenz der Reichsgesetze verpflichtet sind, ist auf die äussere Form 
des Gesetzes zu richten, sodass man nur festzustellen hat, ob ein Reichsgesetz 
in dem Reichs-Gesetzblatte in der dem Art. 17 der Reichsverfassung ent- 
sprechenden Art und Weise abgedruckt und mit der Gegenzeichnung des 
Reichskanzlers versehen ist. Ebensowenig wie in Preussen die Richter und 
sämmtliche Staatsbürger die Richtigkeit des Inhalts eines Gesetzes nach- 
zuprüfen haben (Art. 106 Abs. 2 der Preuss. Verfassungsurkunde) steht es 
den Genannten zu, Beichsgesetze, welche von dem Kaiser vor der Aus- 
fertigung zu prüfen sind, einer Nachprüfung zu unterziehen.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.