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Mitwirkung der Volksvertretung stattgefunden hat, den Behörden
entzogen, nicht aber inhaltlich der Buchstabe des publizirten
Gesetzestextes schlechthin als massgebend bezeichnet werden "®,
Die Richtigkeit des Satzes, dass ein auf einem Redaktions-
versehen beruhender Wortlaut keine verpflichtende Kraft hat,
ist denn auch bereits mehrfach anerkannt worden!*. Hierbei
kann man jedoch nicht stehen bleiben. Wollte man weder die
publizirte Gresetzesbestimmung mangels eines ihr zu Grunde
liegenden gesetzgeberischen Willens, noch die gewollte Gesetzes-
bestimmung mangels einer ihr entsprechenden Publikation gelten
lassen, so würde eine Reihe von Gesetzeslücken und die bedenk-
lichste Rechtsunsicherheit entstehen. Mit Nothwendigkeit wird
man also dazu gedrängt, von dem das Gesetz Anwendenden, ins-
besondere von dem Richter, zu verlangen, dass er das Redaktions-
versehen bei der Anwendung des Gesetzes richtig stelle und die
Bestimmung, welche der Gesetzgeber auszusprechen glaubte, an
Stelle der nur irrthümlich ausgesprochenen setze. Ganz allgemein
spricht dies aus Sontaa (Redaktionsversehen S. 33):
„Auf Grund aller dieser Erwägungen glauben wir behaupten
zu müssen, dass der Richter unbedingt befugt ist, den auf
Redaktionsfehler beruhenden Gesetzestext dem gesetzgeberischen
Gedanken gemäss zu berichtigen. Die selbstverständliche, aber
auch einzige Voraussetzung für diese Aenderung ist der zweifel-
lose Nachweis des Redaktionsfehlers.“
Von zahlreichen anderen Schriftstellern wird zwar ein all-
gemein gültiges Prinzip bezüglich der Behandlung von Re-
18 So schon v. MoaL im Arch. für Krim.-Recht 8. 236; ferner SontaG
a. 2. 0. S, 10 N. 3. Die Entscheidung der Frage, ob wirklich die Prüfung
der Verfassungsmässigkeit der Reichsgesetze für den Richter schlechthin aus-
geschlossen ist, erübrigt sich an dieser Stelle. Vgl. hierüber einerseits
Lasanv, Staatsr. Bd. I S. 526ff.; Zorn, Staatar. Bd. I S. 418; andererseits
Häxer, Studien zum Deutsch. Staster. Bd. I S. 263ff.
19 So z. B. Merker in Holtzendorff’s Handb. Bd. IS. 70; v. Monn
8.8. DO. 8. 241, 242,
Archiv für öffentliches Recht. XIV. 2. 11