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rathes, die Legitimation der Bevollmächtigten zum Bundesrathe
zu prüfen.
Dass dem Bundesrathe das Recht zusteht, die Legitimation
der Bevollmächtigten zum Bundesrathe zu prüfen, ist in Theorie
und Praxis unbestritten®.
Dass in Folge dieses Legitimationsprüfungsrechtes der Bundes-
rath bei Thronfolgestreitigkeiten zwischen verschiedenen Präten-
denten ein Entscheidungsrecht darüber habe, wer als der recht-
mässige T'hronerbe anzusehen ist, wird von Zorn, Bd. IS. 158,
HAENEL, S. 566, LABAND, Bd. I S. 216 und namentlich von
H. SCHULZE, dem Verfasser des bekannten Gutachtens zu Gunsten
des Thronfolgerechtes der Biesterfelder, in seinem Lehrbuch des
deutschen Staatsrechts, 1886, Bd. II S. 62 mit grosser Schärfe
betont.
Gegen diese Begründung hat sich mit ausführlichen Gegen-
bemerkungen SEYDEL gewendet in seinem Kommentar zur Ver-
fassungsurkunde für das Deutsche Reich, Freiburg und Leipzig
1897, 8. 409.
Er führt aus:
„Die Entscheidung eines Thronstreites aber auf dem Wege
der Legitimationsprüfung eines Bundesrathsmitgliedes scheint
mir gradezu unmöglich, da würde causa minor maiorem trahere.
Dieser Gedanke liest sich so, als sei er dem Satze des Pro-
zessrechtes entnommen, dass der Richter der Hauptsache auch
über Zwischenfragen entscheiden kann, für die er an sich nicht
zuständig ist .. . Der Bundesrath könnte immer nur über
den Legitimationspunkt des Bevollmächtigten befinden, er
könnte doch nicht incidenter und implicite Jemanden zum
Könige machen.
® Lazann, Bd. IS. 216; Meyer, 8. 378; Zorn, Bd.1 8.158; v.Rönnk,
Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd I S. 204; v. Pözı, Lehrbuch des
bayrischen Verfassungsrechts, 5. Aufl. S. 112; v. SEYpEL in HOLTZENDORFF’s
Jahrbuch, N. F., Bad. III S. 276.