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Oder ist nach SEYDEL’s Ansicht der Bundesrath des Deutschen
Reiches blos ein Gesandtenkongress ?
Ebensowenig durchschlagend scheint mir aber der Einwand
SEYDEL’s betreffend das Prüfungsrecht der ersten Kammern hinsicht-
lich der Legitimation ihrer Mitglieder zu sein. Dass in den Fällen,
in denen die Mitgliedschaft auf Innehabung eines bestimmten
Grundbesitzes beruht, in dem Legitimationsprüfungsrecht, wie
SEYDEL sagt, „doch nicht die Befugniss liegt, den Streit über die
Erbfolge in diesen Grundbesitz zu entscheiden“ hat darin seinen
Grund, dass gesetzlich bestimmte Gerichte zur Entscheidung von
Erbschaftsstreitigkeiten zuständig sind, und dass es ein Ueber-
griff in die Zuständigkeit der betreffenden Gerichte wäre, wenn
die erste Kammer über eine Erbschaftsfrage entscheiden wollte.
Demzufolge wird keine erste Kammer Jemand, der in Anspruch
nimmt, wegen Innehabung eines bestimmten Grundbesitzes Sitz
und Stimme darin zu haben, blos auf Grund seiner eigenen An-
gabe, er sei Inhaber, zulassen, sondern sie wird darüber einen
Ausweis — Erbeslegitimationsattest, Nachweis, dass der Be-
treffende im Grundbuche als Eigenthümer eingetragen ist etc.
— verlangen, oder den Ausgang eines etwaigen über die Erb-
folge in den betreffenden Grundbesitz vor dem zuständigen Ge-
richte schwebenden Prozesses abwarten. Andererseits kann meines
Erachtens gar nicht zweifelhaft sein, dass, wenn Zustände derart
denkbar wären, dass eine erste Kammer vorhanden ist, bei der
die Mitgliedschaft an die Innehabung eines bestimmten Grund-
besitzes geknüpft ist, dass aber gar keine Instanz vorhanden ist,
welche darüber entscheidet, wer zur Innehabung dieses Grund-
besitzes berechtigt ist, dann diese erste Kammer, wenn sie ein
Legitimationsprüfungsrecht hat, auch die Frage zu entscheiden
hätte, wer berechtigter Inhaber des betreffenden Grundbesitzes ist.
Oder sollte in einem solchen Falle nach SEYDEL auch der
Besitzstand entscheiden? Das würde doch nichts anderes heissen
als: Gewalt soll vor Recht gehen. Die ersten Kammern haben