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ein Entscheidungsrecht über Erbschaftsfragen nie und nirgends,
aber nicht, weil das eine Ueberspannung des Legitimations-
prüfungsrechts wäre, sondern weil sie es der Natur der Sache
nach nur dann haben könnten, wenn gar keine Instanz zur Ent-
scheidung solcher Fragen vorhanden ist.
Ich komme also zu dem Resultate, die Einwendungen SEYDEL’s
nicht als stichhaltig ansehen zu können.
C. Dritte Ansicht.
In dem Antrage der Schaumburg-Lippischen Staatsregierung
an den Bundesrath ist die Zuständigkeit des Bundesrathes aus
Art. 76 Abs. 1 der R.-V. hergeleitet worden. Diese Begründung
für die Zuständigkeit des Bundesrathes zur Entscheidung von
Thronfolgestreitigkeiten im Allgememen ist in der Wissenschaft
bisher noch nicht vertreten. Art. 76 besteht aus zwei Absätzen.
Der erste Absatz lautet:
„Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bnndesstaaten, sofern-
dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den
kompetenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, werden
auf Anrufen des einen Theiles von dem Bundesrathe erledigt.*
Die Fassung dieses Artikels ergiebt für die Zuständigkeit
des Bundesrathes drei Erfordernisse:
a) Der Bundesrath muss von einem der streitenden Theile an-
gerufen werden. Da dieses von Schaumburg-Lippe geschehen
ist, bedarf dieser Punkt keiner weiteren Erörterung.
b) Es muss sich um Streitigkeiten nicht privatrechtlicher Natur
handeln, weil solche von den kompetenten Gerichtsbehörden
zu entscheiden sind. Da es sich im vorliegenden Falle um
einen Streit um die Thronfolgefähigkeit handelt, so kann
es einem Zweifel nicht unterliegen, dass auch diesem Er-
forderniss des Art. 76 Abs. 1 genügt wird.
c) Es muss sich um einen Streit zwischen zwei oder mehreren
Bundesstaaten handeln.