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gesorgt sei. Dieser Auffassung stimmte die Reichstagskommission
in erster Lesung grundsätzlich zu, fügte aber die Mindestgrenze
der einmonatlichen Haftdauer ein, weil man sich sagte, dass bei
einem geringeren Strafmaasse die Anordnung des Ruhens der Rente
unerwünschte Weitläufigkeiten für die Behörden und eine un-
gerechtfertigte Härte für die Betroffenen in sich schliesse!’. In
der zweisen Lesung ist dann die Vorschrift zweckmässiger Weise
mit den übrigen, jetzt in & 34 des Gesetzes befindlichen Be-
stimmungen über das Ruhen einer Rente zusammengestellt ’®,
Nicht gebilligt kann es werden, wenn die Erwägungen, welche
hier zu der Ausnahmebestimmung geführt haben, auch im Bereiche
der Unfallversicherung, welche der gesetzlichen Regelung insoweit
entbehrt, schlechtweg für anwendbar erachtet werden. Dieser
irrigen Anschauung, welche begreiflicher Weise in den Reihen
der Berufsgenossenschaften ihre Hauptvertheidiger gefunden bat,
ist das Reichsversicherungsamt zu wiederholten Malen entgegen
getreten!®. Und es ist ja unverkennbar, dass die analoge Hand-
habung, zumal da die in & 34 1.- u. A.-V.-G. erfolgte Abgrenzung
der einmonatlichen Dauer einer Freiheitsentziehung ganz singulär
ist, in Willkür ausarten müsste. Schliesslich käme man dann
auch zu der Folgerung, dass im Bereiche der Krankenversicherung
und bei allen anderen staatlich vorgeschriebenen Bezügen u. s. w.
ohne gesetzliche Unterlage rein aus Zweckmässigkeitsgründen ein
ähnlicher Verlust des Anspruchs einzutreten habe?°, und es lässt
sich verstehen, wenn eine Berufsgenossenschaft in fernerer Aus-
gestaltung dieser verfehlten Ansicht schon die steckbriefliche Ver-
folgung eines Rentenempfängers für einen ausreichenden Grund
1? Kommissionsbericht No. 141 der Reichstagsdrucksachen von 1888/89
S. 22.
18 Daselbst S. 133—134.
1% Amtl. Nachr. 1888 8.298 No. 582; 1893 (Unf.-Vers.) S. 191 No. 1240;
vgl. „Arbeiterversorgung“ Bd. X 8. 104ff.
20 Vgl.gegen das Ruhen des Krankengeldes bei Heft „Arbeiterversorgung“
Bd. X S. 467 No. 4, Bd. 11 8. 108 No. 8,