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schriften in $& 547 C.-P.-O. ausschliesslich zuständig dasjenige
Gericht ist, welches in erster Instanz erkannt hat, falls es sich
nicht um die Anfechtung eines in der Berufungs-, Rekurs- oder
Revisionsinstanz ergangenen Urtheils handelt. Es muss also der
Genossenschafts- oder Anstaltsvorstand, der sich ın der Doppel-
rolle als Partei und als rentenfestsetzende Stelle befindet, seinen
eigenen, rechskräftig gewordenen Bescheid im Wege der Wieder-
aufnahme anfechten. Dass er zu diesem Zwecke nicht erst bei
sich selbst eine „Klage“ einzureichen braucht, wie sonst erforder-
lich wäre, ist der Einfachheit halber anzunehmen“. Eine aus-
drückliche Bestimmung, den Rentenempfänger vor der Entziehung
über dieselbe und deren Unterlagen zu hören, ist nicht vorhanden.
Dem Ermessen der Vorstände ist diese Befragung anheimgestellt;
sie werden davon häufig absehen, um keine Zeit zu verlieren und
um fernere Rentenbeträge einzusparen. Dagegen wird bei Ent-
ziehung von Invalidenrenten die vorgängige Anhörung der Ver-
trauensmänner und der Krankenkasse nicht unterbleiben dürfen,
auch ist hierbei an der Nothwendigkeit des Gutachtens der unteren
Verwaltungsbehörde festzuhalten, weil alle diese Maassregeln die
Voraussetzungen der Rentengewährung bildeten und nach $ 85
I. u. A.-V.-G. auf das Entziehungsverfahren anzuwenden sind.
Auch der Staatskommissar ($ 63 I.- u. A.-V.-G.) ist befugt,
den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bei dem Vor-
stande der Versicherungsanstalt zu stellen. Dabei ist die Inne-
haltung der Nothfrist eines Monats, nachdem er von dem An-
fechtungsgrunde Kenntniss erhalten hatte, das aus $ 549 O.-P.-O.
abzuleitende Erforderniss*. Wenn der Staatskommissar die
Nothfrist versäumt, so wird der Anstaltsvorstand dennoch zur
Entziehung schreiten können, wenn wenigstens er selbst innerhalb
Monatsfrist nach erhaltener Kenntniss der Anfechtbarkeit seinen
ersten Bescheid authebt.
4 Amtl. Nachr. 1896 No. 527 S. 394.
4 Amtl. Nachr. 1893 S. 109 No. 261; 1894 S. 149 No. 877.