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amt erfahrungsmässig erst nach einer Reihe von Monaten möglich
ist. In der Natur der Sache liegt es und der Bedeutung der
Spruchbehörden entspricht es am meisten, jede Entscheidung,
mag sie dem Bewerber günstig oder ungünstig lauten, sofort
zur Durchführung zu bringen und dem Rechtsmittel die auf-
schiebende Kraft zu versagen.
Aus diesem Grunde ist es nicht folgerichtig, wenn in der
Novelle beabsichtigt wird, diejenigen Schiedsgerichtsurtheile, durch
welche dem Bewerber Rente zugesprochen wird, im Falle der
Einlegung der Revision seitens der Versicherungsanstalt oder
des Staatskommissars nur insoweit für vollstreckbar zu erklären,
als es sich um Beträge handelt, die für die Zeit nach dem Er-
lasse der angefochtenen Entscheidung fernerhin gezahlt werden
sollen*. Nur finanzielle Erwägungen können es sein, welche
diese Abweichung von dem Grundsatze des jetzigen $ 77 Abs. 3
und $ 79 I.- u. A.-V.-G. empfohlen haben. Ihnen gegenüber
muss allen Ernstes gefragt werden, ob die Gefahr, welche für
die Versicherungsanstalten in der Anordnung sofortiger Nach-
zahlung angesichts der Hoffnung des Obsiegens in letzter Instanz
liegt, wirklich grössere Rücksichtnahme erfordert, als das wirth-
schaftliche Bedürfniss der Versicherten. Nach Eintritt der In-
validität warten sie oft in bitterer Noth sehnsüchtig auf den Beginn
der Rentenzahlungen und empfangen durch die alsbaldige volle
Ausführung des ihnen günstigen Schiedsgerichtsurtheils einen
willkommenen Baarbetrag, der sie der beschämenden Nothwendig-
keit überhebt, die Privatwohlthätigkeit oder gar die öffentliche
Armenunterstützung anrufen zu müssen.
Uebrigens liegt im Unfallrechte die Sache ganz ähnlich, ab-
gesehen davon, dass hier kein Staatskommissar in Thätigkeit
tritt. In $ 63 Abs. 1 (Schlusssatz) U.-V.-G. ist dem Rekurs
an das Reichsversicherungsamt die aufschiebende Kraft aus-
* 8 80 Abs. 1 Nov.-Entw., S. 180 der „L- u. A.-V.“ Bd. VI. Der
Entwurf von 1899 verfolgt das gleiche Ziel: