Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

264 
verdienen soll, dem bürgerlichen Rechtsorganismus begrifflich 
schlechterdings kongruent sein müsse. Man verlangte also, häufig 
unter dem Rufe nach einer Kodifikation des Völkerrechtes, eine 
Weltlegislative, welche von einem höheren Standpunkte aus den 
staatlichen Organismen die Grundsätze ihres Verkehres mit dem 
Auslande vorschreiben solle, ebenso wie man mit der gleichfalls 
so vielfach beliebten und ja wenigstens andeutungsweise auch vom 
Zaren adoptirten Theorie von der „Verallgemeinerung der Schieds- 
gerichtsidee* — so harmlos sich dieses Postulat auf den ersten 
Blick ausnimmt — auf die Konstituirung einer Weltlegislative 
hinarbeitet, denn ein Schiedsrichter (arbiter) ist nach allen Rechts- 
systemen der Welt ein solcher, welcher nicht streng an ein for- 
melles Recht, sondern lediglich an sein subjektives billiges Er- 
messen gebunden ist, also, wenn man so will, gleichsam der 
Gesetzgeber für den einzelnen konkreten Fall, so dass die Schieds- 
gerichte, welche bisher einzelne internationale Streitigkeiten ge- 
schlichtet haben, immer nur unter gewissen, wenn nicht ausdrück- 
lich festgesetzten, so doch stillschweigend vorausgesetzten Kautelen 
fungiren, d. h. sich nur innerhalb verhältnissmässig enger, von 
den Parteien vorher bestimmter Grenzen bewegen, nicht aber die 
Machtsphäre dieser Parteien überhaupt tangiren durften, ‘wäh- 
rend das Postulat, in der angedeuteten Allgemeinheit gestellt, 
darauf hinauskommen müsste, dass jede Forderung, die etwa ein 
Staat gegen den andern zu erheben beliebte, von einem Schieds- 
gerichte geprüft, und, je nachdem demselben die Ausgestaltung der 
Welt auf die eine oder die andere Art „zweckmässiger“ erschiene, 
anerkannt oder abgewiesen werden würde, ein Zustand, der nur 
der absolutesten politischen Urtheilslosigkeit erstrebenswerth 
scheinen kann. Von einer „Rechtsprechung“ im eigentlichen 
-Sinne, d. h. einer Schlichtung von Differenzen, welche dadurch 
entstehen, dass die an einem konkreten Falle Betheiligten über- 
einstimmend ein objektiv geltendes formelles Recht durchgeführt 
wissen wollen und nur über die Bedeutung desselben ad hoc ab-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.