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Im heutigen Deutschen Reiche ist, wie im ehemaligen
Deutschen Bunde, den einzelnen Gliedern des Bundes jeder Akt
der Selbsthülfe untersagt'"?.
Dieses Verbot bezieht sich nicht nur auf den Krieg, sondern
auf das ganze völkerrechtliche Aktionenrecht, Repressalien, Re-
torsionen etc.!?,
Das kann auch gar nicht anders sein im Interesse der Friedens-
bewahrung innerhalb des Bundes. Daraus ergiebt sich eine
doppelte Reihe von Pflichten. Einerseits sind die einzelnen Bundes-
glieder verpflichtet, diesen Bundesfrieden nicht zu brechen, anderer-
seits ist die Gresammtheit der Bundesglieder verpflichtet, den
Bundesfrieden zu schützen, jeden Bruch des Bundesfriedens zu
verhüten, auch im Nothfalle einem solchen entgegen zu treten,
eventuell durch Exekution. Daraus ergiebt sich aber im Rechts-
staate die nothwendige Konsequenz, dass, wenn den Bundes-
gliedern auf der einen Seite es verwehrt ist, zur Verfolgung von
Rechten zur Selbsthülfe zu schreiten, ihnen auf der anderen Seite
die Möglichkeit gegeben sein muss, diese Rechte, d. h. solche
Rechte, zu deren Verfolgung ihnen unter anderen Umständen die
Mittel des völkerrechtlichen Aktionenrechtes zu Gebote stünden,
auf geordnetem Wege zum Austrage zu bringen. Es widerspricht
einfach der gesunden Vernunft, dass Fälle möglich sein sollen,
in denen für einen Streit zwischen zwei Bundesgliedern keine
Instanz zur friedlichen, rechtlichen Entscheidung vorhanden
sein soll. Die bürgerlichen Gerichte sind ohne Zweifel für Thron-
streitigkeiten nicht zuständig.
Da nun die Reichsverfassung keine besondere Instanz zur
Entscheidung solcher Streitigkeiten geschaffen hat, so können nur
die verbündeten Regierungen selbst, d. h. deren Vertretungskörper,
2 ScHULZE 8. &. OÖ. S. 59; Lasanv a. a. O.S.236; SeypeL, Kommentar,
S. 404.
18 HäneL a. a. OÖ, S. 577.