Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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dieser Hinsicht gemeint, gleichsam „internationale-Bagatellsachen“ 
von solchen sondern zu müssen, bei denen die Lebensfähigkeit, 
die Ehre, die Selbständigkeit u. s. f. der Staaten auf dem Spiele 
stehe, und nur für die ersteren die Möglichkeit des Austrags auf 
internationalem Prozesswege zulassen wollen. Mit derartigen 
vagen Begriffen kommt man natürlich um keinen Schritt weiter; 
der Fehler, den man beging, lag darin, dass man immer nur 
„Schiedsgerichte“ in’s Auge fasste, welche der Natur der Sache 
nach nur zulässig sind, wenn sich die streitenden Theile über die 
Entscheidung eines konkreten Falles durch einen arbiter aus- 
drücklich einigen, die also unter allen Umständen nur eine fakul- 
tative Einrichtung bilden, während es für die Etablirung eines 
„internationalen Bechtes® in wahrer Bedeutung ausschliesslich 
darauf ankommt, einen „ordentlichen Staatengerichtshof aufzu- 
thun, der nach den Regeln einer ein für alle Mal feststehenden 
allgemeinen objektiven Rechtsordnung jeden vor ihn gebrachten 
Fall zu entscheiden, und sich mit solchen Fällen, die ihrer Natur 
nach auf diese Weise nicht zu entscheiden sind, höchstens in 
negatirem Sinne zu befassen hat, sodass er hier als „recht- 
mässig“ lediglich die Suspendirung derartiger Differenzen auf 
eine bestimmte Frist bezeichnen kann, wie sich das aus dem 
Folgenden sogleich noch näher ergeben wird. 
Mit der Frage nach einer „internationalen Judikatur“ wird 
nicht nur das urewige Gebiet der juristischen Terminologie, son- 
dern gleichzeitig jene uralte Grundwahrheit aller Juristerei be- 
rührt, dass ein materielles Recht überhaupt ein „Nichts“ ist, 
wenn es nicht eine Ergänzung durch ein formelles, ein Prozess- 
recht findet, mittelst dessen das objektive Recht des einzelnen 
Falles festgestellt wird; das ist nicht nur eine theoretische, son- 
dern im Gegentheil eine sehr praktische Weisheit, wie denn die 
Konstituirung eines ordentlichen Staatengerichtshofes und eine 
für denselben bindende Prozessordnung auch ihren grössten Segen 
darin äussern würde, dass vermuthlich „internationale Rechts-
	        
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