Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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souveräne Staat kann seine innere und ebensogut seine äussere 
Politik wohl auf eine bestimmte Zeit, aber nicht in infinitum fest- 
legen. Er muss in der Lage bleiben, wenn sich die in dauern- 
dem Wechsel begriffenen allgemeinen Verhältnisse so ausgestalten, 
dass seine Lebens- und Entwickelungsfähigkeit eine andere Ab- 
grenzung seiner Sphäre nach aussen hin unabweisbar bedingt und 
diese Aenderung nicht durch freiwillige Zustimmung der übrigen 
Interessenten herbeigeführt werden kann — dieselbe schliesslich 
unter Anspannung aller seiner Kräfte auf gewaltsamem Wege, 
d.h. wenn es Noth thut, auch mittelst eines Krieges zu bewirken; 
und er darf daher nicht Abmachungen eingehen, welche ein für 
alle Mal einem Kriege den Stempel eines revolutionären Aktes 
aufdrücken würden, wie es innerhalb einer internationalen Rechts- 
gemeinschaft zutreffen müsste. Daraus ergibt sich der unanfecht- 
bare Schluss, dass jede internationale Rechtsgemeinschaft — da 
sie, um es zu wiederholen, wohl eine friedliche Verschiebung des 
jeweiligen status quo durch vertragsmässige Uebereinkunft, nicht 
aber eine solche auf kriegerischem Wege ermöglicht — immer 
positiv gerade „nicht ewig“ sein, d. h. nur als für eine bestimmte 
Frist geschlossen gelten muss, und dass nach Ablauf der letzteren 
an sich wieder die Anarchie gilt, in deren Rahmen ein Krieg, 
selbst wenn man ihn nach der beliebten Ausdrucksweise als An- 
griffs- oder Raubkrieg zu bezeichnen hätte — allerdings niemals 
zu einem „Rechtsinstitute“ werden kann, aber auch niemals ein 
formelles Unrecht, sondern lediglich eine historische Thatsache, 
eine für den Begriff des formalen Rechtes schlechterdings in- 
kommensurable Machtfrage ist. 
Es wird sich also immer nur um eine grundsätzlich tem- 
poräre Legalisirung des status quo mittelst eines Vertrages 
handeln, der äusserlich jedem anderen Staatsvertrage der schon 
jetzt üblichen Art gleichen, aber begrifflich doch erst den anderen 
Verträgen eine feste Grundlage geben würde, so dass man ihn 
treffend als „Staatengrundvertrag“ bezeichnen könnte, wie man 
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