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dens unter einer bestimmten Anzahl von Staaten gegen jetzt erheb-
Jich leichter würde, ebenso sicher wird sich für das internationale
Leben jenes psychologische Gesetz bethätigen, welches für die
bürgerliche Gesellschaft gilt: dass nämlich die Vorbereitungen
des Einzelnen zum Schutze seiner selbst gegen äussere Gefahren
sich in demselben Maasse vermindern, in welchem die Wahr-
scheinlichkeit solcher Gefahren abnimmt, also nicht erst dann,
wenn derartige Gefahren gänzlich und absolut ausgeschlossen er-
scheinen. „In den europäischen Kulturstaaten laufen die Men-
schen heutzutage nicht mehr in Wehr und Waffen einher, wie
einst zu den Zeiten des Faustrechtes oder in den Prairien
Amerikas; und doch kann natürlich keine noch so feste staatliche
Ordnung verhindern, dass ein schuftiger Mordbube dem friedlichen
Bürger eine Kugel durchs Hirn jagt oder ein Räuber aus dem
Hinterhalte über seinen Nächsten herfällt.“ — Also aus völker-
psychologischen Gründen würde sich, wenn einmal die Gepflogen-
heit des internationalen Gottesfrieden rezipirt wäre, höchst
wahrscheinlich eine Abrüstung, die natürlich nur theilweise
sein könnte, da eine bestimmte militärische Schlagfertigkeit aus
den mannigfachsten leicht begreiflichen Gründen erforderlich
bleibt, oder ein Rüstungsstillstand ganz von selbst, ohne jede
besonders darauf gerichtete internationale Abmachung vollziehen.
Ein blosser dahinzielender Vertrag, ohne die breitere Unter-
lage eines Staatengrundvertrages, wäre unjuristisch, weil er
mittelbar dem Auslande eine Kontrole über Verhältnisse zu-
gestehen würde, deren Regelung dem souveränen Staate nach
unbedingt freiem Ermessen vorbehalten bleiben muss, und jeden-
falls praktisch und „ehrlich“ gar nicht durchzuführen, weil es
sich, wie es bei SCHAFTER heisst, dabei um Imponderabilien
handelt, die nach Zahl und Mass garnicht fassbar sind, und sich
daraus Konsequenzen ergäben, die, wie von STOERK ausgeführt
wird, auf alle Gebiete des staatlichen Lebens in ganz unzu-
lässiger Weise übergreifen würden.