Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

281 -— 
Abrüstung oder Rüstungsstillstand sind den Völkern nicht 
von aussen her, gleichviel unter welcher Form auch immer, zu 
oktroyiren, sondern nur denkbar, wenn sie aus den Völkern selbst 
heraus angestrebt werden. Einen internationalen Gottesfrieden 
vorausgesetzt, würde sich unter den Kulturvölkern eine Ab- 
rüstungstendenz bemerkbar machen, wie jetzt eine Rüstungs- 
tendenz, die trotz alledem und alledem doch nicht mit nothwendiger 
Konsequenz zu dem angestrebten Ziele führt, denn schliesslich 
beruht die Ansicht, dass derjenige Staat immer am Besten in 
der Lage sein werde, sich und seine Autorität zur Geltung zu 
bringen, der und sofern er nur in technisch-militärischer Hinsicht 
am Besten vorbereitet ist, mindestens ebenso sehr auf einer rein 
mechanischen Auffassung des Völkerlebens, wie man sie der ver- 
nunf’rechtlichen Schule und dem russischen Zaren mit seiner Idee 
von „Abrüstungsverträgen“ mit gutem Grunde vorwirft. 
Die Vorschläge Russlands betreffend Abrüstung oder 
Rüstungsstillstand gehen nicht zu weit und ebensowenig, wie 
man von anderer Seite her meint, „nicht weit genug“; sie fassen 
vielmehr das Problem, welches sie lösen wollen, von einer 
falschen Seite her an. Da sie sich aber selbst als unmassgeblich 
hinstellen und nebenher doch auch auf die Reform des inter- 
nationalen Rechtes hingewiesen wird, so ist zu hoffen, dass man 
schliesslich, bei eifrigem Nachdenken, doch noch auf den richtigen 
Weg gelangt. Die besten Führerdienste vermag hier die Wissen- 
schaft zu leisten, die sich den einschlägigen Fragen gegenüber in 
einer verhängnissvollen Rückständigkeit befindet und der nunmehr 
eine Perspektive auf eine ausserordentlich segensreiche Thätigkeit 
eröffnet ist, wenn sie endlich einmal den Muth findet, mit der 
verblendeten Einseitigkeit der historischen Schule zu brechen, 
ohne auf die Wege des in Utopien lebenden abstrakten Vernunft- 
rechtes zu gerathen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.