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sich diese Baubeschränkungen bewegen, so lässt aus sozial-
politischen Gründen sich gegen solche nichts einwenden, während
auch zu erwarten ist, dass mit der Zeit die wirthschaftlichen
Bedenken schwinden werden und ein Ausgleich der gegenseitigen
Interessen sich herausstellt. Nicht das Gleiche gilt hinsichtlich
der Bestimmungen, welche in Verwirklichung des leitenden Grund-
gedankens unter g und l der Grundzüge in den 88 58—61 ge-
troffen sind und den Anfang der Ausführung der Miquel’schen
Idee eines Wohnungsgesetzes bilden. Der Umstand, dass dem
Normalentwurfe nicht, wie es sonst neuerdings bei Gesetzesvorlagen
zu geschehen pflegt, eine Begründung der einzelnen neuaufgestellten
Rechtsregeln beigefügt wurde, hat dessen Verfasser der Ver-
pflichtung enthoben, darzulegen, wie er sich in der Praxis die
Durchführbarkeit einzelner seiner Forderungen eigentlich vorstellte.
In Sonderheit gilt dies von der Leerstellung überfüllter Wohn-
räume, welche als theoretischer Gedanke sich zwar recht schön
ausnimmt, aber von der praktischen Seite betrachtet als völlig
haltlos gelten kann. Es beruht dies jedenfalls darauf, dass dem
Verfasser des Entwurfes die Erfahrung darin fehlt, in Sonderheit
ihm unbekannt geblieben ist, mit welchen Schwierigkeiten das
Haupt einer mit Kindern reich gesegneten Arbeiterfamilie zu
kämpfen hat, um überhaupt eine Wohnung zu erhalten, und in
welchem Maasse dasselbe darauf angewiesen ist, den Miethzins
in Uebereinstimmung mit seinen Einkünften zu halten, wesshalb
dasselbe mithin in Auswahl und Zahl der Räume nicht frei,
sondern erheblich beschränkt ist. Unter Zugrundelegen der nicht
anzweifelbaren Thatsache, dass in Folge Anstrebens eines Normal-
arbeitsrerdienstes die Gewerbegehilfen des gleichen Industrie-
zweiges unter sich fast gleiche Einkünfte haben, ferner, dass nach
volkswirthschaftlichen Grundsätzen nur ein bestimmter Bruchtheil,
etwa 20—25°/o desselben, auf Miethzins verwendet werden darf,
um die erforderlichen Geldmittel zur Befriedigung der sonstigen
Lebensbedürfnisse zu besitzen, endlich die Miethpreise in einem
abgeschlossenen Wohnbezirke sich auf der gleichen Höhe zu
halten pflegen, können der Zahl und Grösse nach die Wohn-
gelasse derselben annähernd auch nur die gleichen sein, un-