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schichte der baugewerblichen Arbeiterschutzgesetzgebung“ von
HEINKE, TÖPFER, aufgestellt wurden. Diese Uebereinstimmung
spricht einmal dafür, welche Geneigtheit diese Wünsche in den
maassgebenden sächsischen Regierungskreisen gefunden haben,
sodann aber für die wohlmeinde Absicht der letzteren, soweit als
möglich für die Arbeiterwohlfahrt einzutreten, und denjenigen
Maassnahmen gesetzliche Anerkennung zu verschaffen, welche dies
Ziel erreichen zu lassen geeignet sind. Allein dies wohlmeinende
Bestreben birgt eben die Gefahr in sich, zum Nachtheil der
breiten Schichten der Bevölkerung auszuschlagen, wenn nicht die
Gesetzgebung noch zu weiteren Anordnungen sich entschliessen
und gleichzeitig Maassnahmen treffen will, welche der durch sie
heraufzubeschwörenden Wohnungsnoth und der drohenden Ver-
minderung der Arbeitsgelegenheit für kinderreiche Arbeiter wirk-
sam vorbeugen.
Im Reichstage hat am 13. Dez. v. J. der Abg. BAssERMANN
die reichsgesetzliche Regelung der Wohnungsverhältnisse inner-
halb der arbeitenden Bevölkerungsklassen angeregt und im preuss.
Abgeordnetenhause am 30. Jan. d. J. gelegentlich der Berathung
des Etats der Domänenverwaltung der Abg. Max Hirsch die
Nothwendigkeit einer Aufbesserung der Arbeiterwohnungen auf
dem Lande nachzuweisen versucht, auch dabei sich im Wesent-
lichen auf den Standpunkt gestellt, welchen F. KALLE vertrat,
als er vor dem deutschen Verein für öffentliche Gesundheitspflege
zu Braunschweig 1890 über das „Wohnhaus des Arbeiters“ be-
richtete. Man greift deshalb in der Annahme wohl nicht fehl,
dass die Bestrebungen dieses Vereines sowie des deutschen Ver-
eines für Armenpflege und Wohlthätigkeit, des Vereines Reichs-
wohnungsgesetz, des Vereines Arbeiterwohl ihrer Verwirklichung
einen Schritt nähergerückt sind, und dass das geplante Reichs-
wohngesetz sich im Wesentlichen auf denjenigen Grundzügen auf-
bauen soll, welche diese als zweckdienlich und erfolgversprechend
aufstellen. Weil die sächs. Normativbestimmungen im All-
gemeinen auf gleichem Boden stehen, können sie als der Vorläufer
desselben gelten. Nach v. MAnGoLDT, „Der Verein Reichs-
wohnungsgesetz und seine Vorschläge“ S, 6 fordert die Gesund-