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landen z. B., bei einen Konkurs oder einem Aufrechnungsprozess
Grundlagen einer richterlichen Entscheidung werden. Für den
niederländischen Richter ist das Verhältniss kein nationales mehr,
sondern ein internationales. Was hat sich nun geändert?
Kein einziger Bestandtheil des Verhältnisses, Wohl aber ist der
Standpunkt des Beobachters ein anderer geworden. Letzterer
hat den Vertrag nicht zu betrachten vom Standpunkt der natio-
nalen Rechtsgesellschaft, sondern vom Standpunkt der allgemein-
menschlichen, internationalen Rechtsgesellschaft. Ein Verhältniss
kann also ein nationales oder ein internationales sein, je nach-
dem der Rechtsanspruch der engeren oder der weiteren
Rechtsgesellschaft befriedigt werden soll. Und so haben
wir denn endlich unser Entscheidungsmerkmal und können damit
das Wesen des internationalen Privatrechts feststellen. Dieses
Recht ist dem nationalen Privatrecht gegenüber keine auswärtige
fremde Masse, es ist das Privatrecht selbst, vom Stand-
punkt der allgemein-menschlichen Rechtsgesellschaft
beobachtet und nach den Rechtsansprüchen dieser Ge-
sellschaft normirt. Man könnte sagen, dass bei dem inter-
nationalen Privatrecht die Verhältnisse des Privatrechts, ohne ihre
Natur zu verlieren, durch ein Vergrösserungsglas betrachtet werden.
Es wird jetzt wohl deutlich sein, wie diese Auffassung sich
zu der von ZITELMANN, NEUMANN u. A. vertretenen Meinung
verhält, die gerade das Wesen des internationalen Privatrechts in
seinen für staatliche Gesetze massgebenden. Zuständigkeitsnormen
finden. Letztere Meinung ist meines Erachtens nicht durchaus
unrichtig, aber zu eng. Das Aufstellen von Zuständigkeitsnormen
ist ein Mittel, dessen sich das internationale Privatrecht bedienen
kann, um den Rechtsanspruch der allgemein-menschlichen Rechts-
gesellschaft zu befriedigen, es ist aber nicht das einzige Mittel,
und mit allen anderen Mitteln ist es dem Ziele untergeordnet.
Verweisung an ein bestimmtes inländisches oder ausländisches
Gesetz gehört als Mittel zum internationalen Privatrecht, aber