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Für engere Kreise stammverwandter Völker sind für Deutschland
und Oesterreich die Wechselordnung und das Handelsgesetzbuch,
und in den skandinavischen Staaten die Wechsel- und Seerechts-
gesetze als Beispiele anzuführen.
Im Gesichtswinkel dieser Betrachtung sind Verträge ihrer
Natur nach Rechtshandlungen des Völkerrechts, welche dazu
dienen, Verhältnisse zwischen Staaten zu gründen, zu ändern
oder aufzuheben. Eigentlich sollten sie nur die Rechtsobjekte
des Völkerrechts binden. Das Fehlen einer Gussform für „Ueber-
gesetze“ hat die Staaten jedoch dazu gebracht, Verträge für ge-
meinschaftliche Willenserklärungen, auch auf dem Gebiet des
Privatrechts, als Surrogate einer internationalen Gesetzgebung
zu gebrauchen. Ein Beispiel hiefür ist der Vertrag über das
Güterfrachtrecht der Eisenbahnen.
Den Inhalt der gleichlautenden Gesetze und der Verträge
können Vorschriften für den allgemein-menschlichen Verkehr,
oder Bestimmungen für die Gerichtsverfassung und das Prozess-
recht in allgemein-menschlicher Beziehung, bilden. Ob man das
Prozessrecht von dem Privatrecht loslöst, macht in der breiteren
Theorie wenig aus; das Prozessrecht, sowie das materielle und
formelle Konkursrecht gehören doch jedenfalls zum allgemein-
menschlichen Verkehrsrecht. Die Verkehrsvorschriften können
Verweisungen auf bestimmte nationale Gesetze enthalten, oder
den Verkehr selbständig normiren. Die Vorschriften für die
Gerichtsverfassung und das Prozessrecht werden wohl weniger
Verweisungen enthalten als Bestimmungen über die Rechtshülfe,
die Zuständigkeit und die Zwangsvollstreckung. Als deutliches
Beispiel eines solchen Vertrages über Rechtshilfe und Prozess-
recht kann der Haager Vertrag von 1896 gelten.
Beide Surrogate übrigens, gleichlautende Gesetze und Ver-
träge, haben ihre Nachtheile und Vortheile, welche sich einiger-
massen ergänzen, da bei dem einen gerade vortheilhaft ist, was
bei dem anderen nachtheilig wirkt. Gleichlautende Gesetze sind