Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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bayrischen Staates, welche mit einem Reichgesetz in Widerspruch 
stehen, ungültig und nichtig sind. Gleichwohl soll die bayrische 
Staatsgewalt, welche durch den Willen des Reiches — also durch 
einen fremden Willen — einseitig verpflichtet und beschränkt 
werden kann, unbeschränkt und unbegrenzt d. h. souverän sein! 
SEYDEL sucht die erwähnten Thatsachen, welche er nicht 
bestreiten kann, durch eine sehr gekünstelte Konstruktion mit 
seiner Theorie in Einklang zu bringen. Er behauptet, die Gel- 
tung der Reichsverfassung beruhe auf einem doppelten Rechts- 
grunde: im Verhältniss der einzelnen Bundesstaaten zu einander 
gelte sie als völkerrechtlicher Vertrag; innerhalb jedes Bundes- 
staates gelte sie als Landesgesetz. Die Reichsverfassung sei 
in jedem Bundesstaate als Landesgesetz verkündet worden; 
alle späteren Akte der Reichsgesetzgebung seien aus diesem 
Landesgesetz abgeleitet; die Reichsverfassung sei ein Bestandtheil 
der Landesverfassung, das Reichsrecht ein Bestandtheil des 
Landesrechts geworden. Die Einführung der Reichsverfassung 
habe in den einzelnen Bundesstaaten die gleiche Wirkung gehabt 
wie die Einführung der konstitutionellen Landesverfassung; beide 
Verfassungen hätten die Souveränetät des Landesherrn nicht auf- 
gehoben, sondern nur in ihrer Ausübung beschränkt®, 
Gegen diese Deduktion hat HÄnEL eingewendet, die Reiclıs- 
verfassung könne nicht gleichmässiges Landesgesetz der deutschen 
Bundesstaaten sein, denn für ein Landesgesetz habe sie einen 
unmöglichen Inhalt. Das Landesgesetz eines Staates könne nur 
solche Gegenstände regeln, die in den Herrschaftsbereich dieses 
Staates fielen; die Reichsverfassung aber regele Gegenstände, die 
über den Herrschaftsbereich jedes Bundesstaates hinausgingen 
und die Koexistenz mehrer Staaten voraussetzten”. SEYDEL hat 
° SevveL, Kommentar 8. 5—6, 19—20, 22—23, 41; Abhandlungen 
S. 79-83, 100. 
’ Dr. ALbert Hänet, Die vertragsmässigen Elemente der Deutschen 
Reichsverfassung S. 598—54. Leipzig 1873; Deutsches Staatsrecht Bd. IS. 29.
	        
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