Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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mit Worten, zu behaupten, dass Bayern das ausschliessliche 
Recht der Gesetzgebung besitze und lediglich die Ausübung 
dieses Rechts mit anderen Staatsgewalten theile. 
(Gegen die Theorie von SEYDEL spricht ferner Art. 19 der 
Reichsverfassung: „Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmässigen 
Bundespflichten nicht erfüllen, können sie dazu im Wege der 
Exekution angehalten werden.“ Wäre die Reichsverfassung 
gleichmässiges Landesgesetz der deutschen Bundesstaaten — wie 
SEYDEL behauptet — so würde in jedem Bundesstaate ein Landes- 
gesetz bestimmen, dass der eigene Staat gegen seinen Willen 
durch andere Staaten zu Handlungen und Unterlassungen ge- 
zwungen werden kann, dass also der Wille des eigenen Staates 
einem fremden Willen unterworfen werden kann. Gleichzeitig 
aber lehrt SerDEL, dass der Wille des eigenen Staates der 
höchste im Staate sein muss, weil zwei höchste Willen über 
denselben Gegenstand sich verneinen'?”. Art. 19 der Verfassung 
ist als Landesgesetz in einem souveränen Staate unmöglich, 
weil sein Inhalt in Widerspruch steht mit dem Begriff der Sou- 
veränetät. Der Hinweis SEYDEL’s auf Artt. 31ff. der Wiener 
Schlussakte!? trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu. Der 
deutsche Bund war ein internationaler Staatenbund im Sinne 
der SEYDEL’schen Theorie!*; die Wiener Schlussakte begründete 
daher lediglich völkerrechtliche Rechte und Pflichten. Das 
Deutsche Reich dagegen soll nach SEYDEL ein staatsrechtlicher 
Staatenbund sein!®; Art. 19 der Reichsverfassung soll gleich- 
zeitig internationale und staatsrechtliche Rechte wie Pflichten 
begründen. Art. 19 der Reichsverfassung ist also jedenfalls Ge- 
setzesvorschrift; die Wiener Schlussakte dagegen enthielt lediglich 
Vertragsbestimmungen. Es ist niemals preussisches Landesgesetz 
12 Seyper, Kommentar S. 3 
18 SeypeL, Kommentar $. 189. 
14 SeypEeL, Kommentar 8. 6, 
15 SeypeL, Kommentar S. 5—6.
	        
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