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aus; ist derjenige, welcher ein Recht ausübt, nicht gleichzeitig
Subjekt dieses Rechts, so übt er ein fremdes Recht aus. Eigene
Herrschaftsrechte sind diejenigen Herrschaftsrechte, welche eine
Person im eigenen Namen ausübt; fremde Herrschaftsrechte
sind diejenigen Herrschaftsrechte, welche eine Person im fremden
Namen — in Vertretung oder im Auftrage des berechtigten
Subjekts — ausübt. Hiernach kann es keinem Zweifel unter-
liegen, dass eine Gemeinde Herrschaftsrechte — z. B. das Recht,
Kommunalsteuern zu erheben, die Gemeinde-, Feld-, Strassen-
und Marktpolizei zu handhaben — im eigenen Namen besitzen
kann und dass es lediglich eine Frage des positiven Staatsrechts
ist, ob der Staat im konkreten Falle das Herrschaftsrecht selbst
oder nur die Ausübung des Herrschaftsrechts einer Gemeinde
übertragen hat.
Dieses positive Staatsrecht nun steht in direktem Wider-
spruch mit der von LaABAnD aufgestellten Theorie. In den ver-
schiedensten Rechtsgebieten wird anerkannt, dass die Kommunal-
verbände nicht nur delegirte, sondern auch eigene Herrschafts-
rechte besitzen können. Schon das französische Gesetz vom
14. Dez. 1789 bestimmte in Art. 49: „Les corps municipaux
auront deux espöces de fonctions & remplir: les unes, propres
au pouvoir municipal; les autres propres A l’administration
generale de Etat et delegu&es par elle aux muni-
cipalitös“57. Später als der maire an die Stelle der kollektiven
corps municipaux trat, wurden unter den Funktionen desselben
zwei Klassen unterschieden, welche schon bei Widerlegung der
Theorie von JELLINEK erörtert worden sind, nämlich die Funk-
tionen des maire als „agent et representant de l’administration
centrale* und die Funktionen des maire als „chef de l’association
communale“. Als chef de l’association communale handelt der
maire „jure proprio“®®; die Handlungen, welche er in dieser
5° Ducrocg, Cours de droit administratif. 6. Aufl. S. 196. Paris 1881.
58 Ducrocg a. a. O. S. 197.