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SEYDEL zu sein scheint. Es könnte unter Umständen doch
recht lange dauern, bis es so weit kommt. Man denke nur an
die Verhältnisse der Herzogthümer Sachsen-Koburg und Sachsen-
Gotha und die Möglichkeit, dass bei einem T'hronstreite in diesen
Herzogthümern der eine Prätendent von dem Laandtage in Ko-
burg, der andere von dem Landtage in Gotha anerkannt werden
könnte. Jeder der beiden Prätendenten hätte doch dann den
Besitzstand für sich! Wie denkt sich SeyDEL dann die Lö-
sung? Koburg und Gotha haben im Bundesrathe zusammen nur
eine Stimme.
Auch von solchen Gesichtspunkten aus führt die Ansicht
SEYDEL’s zu unerträglichen Konsequenzen.
Sieht man aber von SEYDEL ab, so sind ziemlich alle be
deutenden Theoretiker darüber einig, dass der Bundesrath zu-
ständig ist, ohne Einschränkung Thronstreitigkeiten in den
Bundesstaaten zw erledigen oder im Wege der Reichsgesetz-
gebung zur Erledigung zu bringen. Streit herrscht nur über
die Begründung seiner Zuständigkeit.
In dieser Thatsache muss aber ein bemerkenswerthes Zeug-
niss dafür erblickt werden, dass es als ein Bedürfniss empfunden
wird, die Erledigung von Thronstreitigkeiten in den Einzelstaaten
im Interesse des Reiches dem betreffenden Einzelstaate entzogen
zu sehen.
3. Liegt zur Zeit im Fürstenthume Lippe bereits eine Thron-
streitigkeit in dem Sinne vor, dass der Bundesrath in der Lage
ist, eine materielle Entscheidung zu fällen ?
Eine Thronstreitigkeit im Rechtssinne kann ganz offenbar
erst in einem Augenblicke vorliegen, in welchem es zweifelhaft
ist, an wen der Thron angefallen ist.
Bei der durch den Schiedsspruch geschaffenen Rechtslage
ist aber ein Thronstreit im Rechtssinne nicht einmal in dem
Augenblicke vorhanden, in welchem Fürst Alexander zur Lippe