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2. Die Verfassung eines Kommunalverbandes kann durch den
Staat, dessen Glied der Kommunalverband bildet, einseitig
bestimmt, geändert und aufgehoben werden; die Verfassung
eines Staates kann niemals durch einen anderen Staat einseitig
bestimmt, geändert oder aufgehoben werden, auch dann nicht,
wenn der Staat nur ein einzelnes Glied eines grösseren
Staatswesens ist. Staat und Staatsverfassung sind untrenn-
bar mit einander verbunden. Wer über die Existenz der
Staatsverfassung zu entscheiden hat, hat auch über die
Existenz des Staates zu entscheiden. Könnte der Gesammt-
staat die Staatsverfassung seiner Gliedstaaten ändern, so
hätte er ein sehr bequemes Mittel, indirekt die Gliedstaaten
selbst aufzuheben.
3. Das Oberhaupt eines Kommunalverbandes kann durch den
Staat, dessen Glied der Kommunalverband bildet, beliebig
geändert oder beseitigt werden; auch wenn dieses Oberhaupt
von den Mitgliedern oder Vertretern des Kommunalverbandes
gewählt wird, hat der Staat regelmässig das Recht der
Suspension; eventuell steht ihm die Möglichkeit offen, durch
Spezialgesetz ein anderes Oberhaupt des Kommunalverbandes
zu schaffen. Das Oberhaupt des Staates kann durch einen
anderen Staat niemals geändert oder beseitigt werden, selbst
dann nicht, wenn der Staat nur ein einzelnes Glied in
einem grösseren Staatswesen bildet. Das Oberhaupt des
Staates ist Träger der Staatsgewalt. Wer über den Träger
der Staatsgewalt verfügt, verfügt auch über die Staatsgewalt,
und wer über die Staatsgewalt verfügt, verfügt auch über
den Staat. Könnte der Gesammtstaat in jedem Gliedstaate
das Staatsoberhaupt ernennen, so würde er indirekt die
Staatsgewalt in den Gliedstaaten selbst besitzen. Ein
weiterer Unterschied zwischen den Oberhäuptern von Staat
und Kommunalverband besteht darin, dass die Usurpation
der Stellung des Staatsoberhauptes nach Völkerrecht mög-