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Die letzte Formalität des Vereinigungsaktes wurde dann alsbald
erfüllt durch formelle Wahl und Proklamation des schwedischen
Königs als zugleich, dem vereinbarten neuen Grundgesetz ge-
mäss, konstitutionellen König Norwegens?, Ohne Einmischung
fremder Mächte war damit die Vereinigungsfrage gelöst und die
beabsichtigte völkerrechtliche Ordnung gesichert.
Ein norwegischer Staat existirte also von nun ab innerhalb
des schwedischen Halbinselreichs, aber nicht als souveräner Staat,
nicht als europäisch anerkannter Staat, sondern nur als ein mit
Schweden vereinigter und dadurch, d. h. im Verhältniss zu
Schweden, selbständiger Staat. Keine Aenderung in dieser
Stellung Norwegens war nachher ohne, geschweige denn wider
den Willen Schwedens rechtlich möglich, und völkerrechtlich
hat Niemand ausser der schwedischen Regierung sich mit den
inneren Verhältnissen des schwedisch-norwegischen Reichs und
den Unionsverhältnissen zu befassen, insofern diese Regierung
ihre völkerrechtliche Verantwortlichkeit thatsächlich erfüllt und
zu erfüllen vermag: denn selbstverständlich ist die Regierung
Schwedens fortwährend für alles Thun und Lassen auch des
norwegischen nicht-souveränen Staates völkerrechtlich verantwort-
lich. Unter dieser Voraussetzung, und nur unter dieser, kann
auch er in der That eine internationale Thätigkeit als Staat
entwickeln.
Das erste Grundprinzip der schwedisch-norwegischen Union
lässt sich somit wie folgt formuliren: Historisch in Folge des
Kieler Vertrages, staats- und völkerrechtlich auf Grund
thatsächlich bestehender, von den Mächten des Staaten-
8 Zu bemerken ist im Uebrigen, dass das Grundgesetz noch einmal
vom König als norwegischem König bestätigt und kundgemacht wurde. Das
Grundgesetz ist also zugleich Vertrag mit Schweden und norwegisches Gesetz.
Ueber die prinzipiellen Ausführungen rücksichtlich dieser Materie, vgl.
REUTERSKIÖLD, Om stater och internationelle Rättssubjekt S. 61 ff. (in Upsala
Universitets arskrift 1896) — wovon jetzt eine deutsche Uebersetzung vor-
bereitet wird.