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Öffenbar müssen indess die staatsrechtlichen Beziehungen
der vereinigten Königreiche auf die Effektivität des ersten oder
völkerrechtlichen Einheitsprinzips der Union von grösster Be-
deutung sein. Selbstredend muss diese Staatenverbindung, in-
sofern blos eine souveräne Staatsmacht in ihrem Gebiete
völkerrechtlich anerkannt ist, selbst eine staatliche sein, selbst
Staatsqualität besitzen, d. h. einen zusammengesetzten Staat
oder „Staatenstaat“ bilden. Wenn die vereinigten Staaten
im Verhältniss zum Ausland als Einheitsmacht auftreten müssen,
so kann die völkerrechtlich unbedingte Verantwortlichkeit der
Regierung des Gebiets nicht aufrecht erhalten werden, ohne dass
diese Regierung auch Träger einer wirklichen Staatsmacht des
Gebiets ist. Der Staatenstaat kann aber hinsichtlich seiner
Glieder koordinirt oder subordinirt zusammengesetzt sein: entweder
sind die Theilstaaten einer besonders gebildeten Hauptstaatsmacht
als der Einheit beider untergeordnet, wie dies z. B. meines Er-
achtens in Oesterreich-Ungarn der Fall ist, oder es wird die
Hauptstaatsmacht mit der des einen der Theilstaaten zusammen-
fallen und von diesem vertreten. Ob die eine oder die andere
Form des Staatenstaats in einem gegebenen Fall vorliege, das
ist nicht aus einer allgemeinen Formel, sondern nur aus den
staatsrechtlich konstitutionellen positiven Bestimmungen dieser
Staatenverbindung selbst zu ermitteln.
Was nun die schwedisch-norwegische Union anbetrifft, so
sind die Bedingungen derselben in dem mit Schweden verein-
barten norwegischen Grundgesetz vom 4. Nov. 1814 enthalten. —
Die Norweger hatten ja sogar selbst in des Moss-Konvention den
ausdrücklichen Vorbehalt gemacht, blos solche Aenderungsvorschläge
des Eidsvolder Grundgesetzes in Behandlung zu nehmen, die un-
mittelbar durch die Vereinigung veranlasst und geboten erschienen.
Diese Bedingungen waren demnach nur von den konstituirten Ver-
* Vgl. ReutsgskıöLn, Om stater och internationella Rättssubjekt S. 15ff.,
23 ff.,-36 fl.