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sie unterstützungsbedürftigen und unterstützungswürdigen Personen
kleine Vorschüsse zu billigem Zinsfuss gewähren kann. Unwill-
kürlich erlangt man doch aus den „Bestimmungen“ für den Ge-
schäftsverkehr das Gefühl, dass es auf die Dauer unmöglich sein
wird, ein Institut mit 50 Mill. Mk. Grundkapital nach einem
solchen Formalismus zu verwalten.
Auf die „Bestimmungen“ für den Geschäftsverkehr hier
weiter einzugehen liegt nicht im Rahmen dieser Arbeit, die sich
im Wesentlichen auf die Beurtheilung der rechtlichen Seite
der preussischen Centralgenossenschaftskasse beschränkt. Die Be-
stimmungen lassen überall das Streben erkennen, die Kasse nach
Möglichkeit gegen Verluste zu schützen. Dies Streben hat sie
sogar dahin geführt, den Wechsel in Kreise einzuführen, die in
dem Wechsel eines der gefährlichsten Papiere für den Landwirth
und Handwerker erblicken.
V.
„Die besonderen Aufgaben, . die der preussischen Üentral-
genossenschaftskasse zugewiesen sind, liegen zum Theil auf dem
Gebiete der Zinspolitik und nöthigen sie, wenn auch im An-
schluss an die allgemeine Zinspolitik der Reichsbank für den
Verkehr mit den Verbandskassen eine spezielle Zinspolitik zu
treiben“ (HEILIGENSTADT a. a. 0. S. 84). Diese spezielle Zins-
politik soll darin bestehen, dass der Zinsfuss für den Verkehr in
laufender Rechnung semesterweise festgesetzt wird, man will den
Zinsfuss möglichst stabil halten. Die Zukunft muss zeigen, ob
und wie lange eine solche Zinspolitik durchzuführen ist.
Von 1895 bis August 1898 hat die preussische Central-
genossenschaftskasse an einem ausserordentlich niedrigen Zinsfuss
festgehalten, der oft Monate hindurch hinter dem Wechselzinsfuss
der Reichsbank- erheblich zurückblieb. Wir gedachten oben der
bei Erhöhung des Grundkapitals vorgenommenen Aenderung der
Gewinnvertheilung durch geringere Berücksichtigung der Reserven;
nur dadurch war es zu erreichen, dass der preussische Staat im